Solingen Der Herr Kaiser ist ganz nackt!

Solingen · Nicht nur für Kinder im Theater: In der Vorweihnachtszeit widmet sich das Solinger Stadtensemble Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern.

 Alexander Riedel spielt den Chef-Designerschneider Jean-Jaques Schnippschnapp, wird allerdings von Herrn Kaiser gefeuert.

Alexander Riedel spielt den Chef-Designerschneider Jean-Jaques Schnippschnapp, wird allerdings von Herrn Kaiser gefeuert.

Foto: Köhlen

Er hat richtig viel Geld. Er ist geizig und hartherzig. Zudem ist er auch noch eitel. Und das auch noch in der Vorweihnachtszeit. Nein, diesmal handelt es sich nicht um Ebenezer Scrooge. "Allerdings hat es durchaus etwas von Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte", sagt Alexander Riedel. "Am Schluss erfährt er eine recht demütigende Lektion."

Der 34-jährige Journalist ist seit Kindesbeinen an begeisterter Schauspieler und wirkt bei der aktuellen Inszenierung des Solinger Stadtensembles mit. Unter diesem Namen haben sich die drei Solinger Theatergruppen Bühnenspiele Höhscheid, Theatergesellschaft Wohlgemuth und Ensemble Profan seit rund zehn Jahren für das vorweihnachtliche Theaterstück für Kinder zusammengefunden. Unter der Regie von Micheal Tesch haben die gut ein Dutzend Schauspieler und die dazukommenden Musiker "Des Kaisers (ganz) neue Kleider" einstudiert. Profan-Mitglied Uwe Dahlhaus hat aus dem Märchen-Klassiker von Hans Christian Andersen ein buntes Stück für Groß und Klein geschaffen.

Seit gut einem Monat laufen die Proben zu dieser Solinger Eigeninszenierung. "Die Auswahl des Stoffes fängt natürlich lange vorher an", erläutert Riedel. "Es soll immer etwas sein, das vom Thema her etwas hergibt, das etwas zeigen will." Das muss spannend und lustig sein. "Und es braucht auch Anspielungen, die auch Erwachsene verstehen." Und das Thema sollte den Kindern bekannt sein - oder im Laufe ihrer Entwicklung einmal begegnen.

So wie eben des Kaisers neue Kleider. Alexander Riedel: "Für viele Kinder ist es der erste Besuch im Theater. Da müssen wir darauf achten, dass sich die jungen Zuschauer mit dem Stoff auseinandersetzen können, dass sie mitdenken und hinter die Handlung steigen können." Und natürlich, dass sie die Botschaft mitnehmen: "Ehrlichkeit setzt sich am Ende immer durch."

Andersens Stück wird in die Gegenwart geholt. Hauptperson ist nicht der Kaiser, sondern nur der Herr Kaiser. Und der ist - wie gesagt - reich, eitel und geizig. Und verdient somit eine Abreibung. "Denn er ist noch nicht einmal bereit, den Armen eine Socke mit Loch zu überlassen." Alexander Riedel spielt den Chef-Designerschneider Jean-Jaques Schnippschnapp. Der wird von Herrn Kaiser gefeuert. Stattdessen schmeißen sich zwei Betrügerinnen an den Stinkstiefel aus der Modewelt heran. Und wie die Geschichte mit den unsichtbaren Kleidern weitergeht, ist ja bekannt.

Vor und nach den Aufführungen besuchen die Schauspieler Schulklassen, um den Kindern vom Stück zu erzählen oder wie es so hinter den Kulissen zugeht. "Da werden wir manchmal richtig gelöchert", weiß Riedel von der Theaterlust des kleinen Publikums zu berichten. "Manchen sind sogar nach Jahren noch Rollen oder Szenen eines Stückes ganz präsent." Diese nun rund zehnjährige Arbeit zahlt sich aus. "Die Nachfrage nach den Vorstellungen in diesem Jahr hat schon sehr früh angefangen." Manches ist sogar schon ausverkauft. Und die Kraft der Ausstrahlung wächst. "Bei dieser Aufführung haben wir auch zum ersten Mal eine Wuppertaler Schule mit dabei", sagt Alexander Riedel.

Der Journalist hat früh seine Leidenschaft für die Bühne entdeckt. "Als Kind hatte ich schon Spaß daran, etwa Sketche auf Familienfeiern aufzuführen. Das funktionierte und kam an." Im Literaturkurs am Humboldtgymnasium kamen dann mit genauso viel Lust die schwereren Themen an die Reihe. "Von da an wollte ich eigentlich immer weiter Theater spielen." Nach der Studentenzeit in Bonn kam Riedel zunächst für sieben Jahre zur Theatergesellschaft Wohlgemuth. Die traditionellen Mundartstücke im Theater standen da ebenso an wie das Kinderprogramm in der Cobra. Von 2010 bis 2013 war Riedel dann auf der Boulevard-Bühne des Theaters Rampenlicht, bei dem mit Ende des Jahres mangels Spielstätte sich der Vorhang wohl für immer schließen wird. Neben der Erfahrung nimmt Alexander Riedel noch etwas Besonderes von Rampenlicht mit: "Dort habe ich auf der Bühne meine Frau kennengelernt."

(RP)
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