Solingen Die Kostenfallen der Gratis-Spiele-Apps

Solingen · Anlässlich des Weltverbrauchertages informierte die Beratungsstelle am Werwolf über die Tücken von Online-Spielen.

 Die Verbraucherschützerinnen Johanne Voß (l.) und Dagmar Blum weisen auf Kostenfallen bei Spiele-Apps hin.

Die Verbraucherschützerinnen Johanne Voß (l.) und Dagmar Blum weisen auf Kostenfallen bei Spiele-Apps hin.

Foto: Vetter

Der Neunjährige war zu Besuch bei den Großeltern. Und lieh sich abends deren Smartphone aus, um Computerspiele auszuprobieren. "Clash Royal", eine der zehn stärksten Android-Spiele-Apps, stand bei dem jungen Mann im Mittelpunkt. Er spielte drauf los und kaufte nach einem Starterpaket noch sogenannte Juwelenbeutel hinzu. Eine halbe Stunde spielte der Knirps. Auch vormittags am anderen Tag spielte der Neunjährige und kaufte wie am Vortag munter ein. Neben Juweleneimern nun auch Juwelenfässer, um voranzukommen. Der Telefonanbieter präsentierte den Großeltern später die Rechnung: 316,65 Euro sollten sie für das Spielvergnügen des Enkels zahlen.

"Viele Spiele-Apps sind zunächst kostenlos. Im Verlauf des Spiels müssen sich Spieler aber entscheiden, ob sie beispielsweise Spielbeschleuniger hinzukaufen", sagt Dagmar Blum. Die Leiterin der Verbraucherberatung am Werwolf ergänzt: "Für die Spiele-Anbieter ist das ein lukratives Geschäftsmodell, für die Verbraucher kann das aber zur Kostenfalle werden."

Am gestrigen Weltverbrauchertag ging es Dagmar Blum und Verbraucherschützerin Johanne Voß allerdings nicht darum, die Computerspiele ins Abseits zu stellen. "Das ist kein typisches Abzockethema. Computerspiele sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen", sagen sie. Mehr als 13 Millionen über 14-Jährige würden spielen, selbst elf Prozent der über 65-Jährigen. Vielmehr ging es Blum und Voß darum, auf Schutzmechanismen hinzuweisen und aufzuzeigen, dass der vorgegaukelte Gratis-Charakter der Spiele Kostenfallen aufweist. "Spielern wird zu Beginn nicht angezeigt, ab wann und für welche Elemente reale Geldbeträge verlangt werden", sagt Johanne Voß. Sie macht bei den Spielen eine rasante Entwicklung aus. "Aber die Entwicklung kostet sehr viel Geld", sagt sie. Spieler würden zunächst erst einmal kostenlos angelockt, auf kostenpflichtige Zusatzangebote mag im Verlauf des Spiels aber der geneigte Spieler kaum verzichten. Einerseits, um schneller voranzukommen, andererseits, um sich Erfolge zu kaufen. Das weiß der Spielehersteller, er hält mit den Zusatzangeboten die Spieler deshalb auch bei Laune. "Hier werden Anreize geschaffen, um den Spieler möglichst lange bei der Stange zu halten", sagt Johanne Voß. Und darauf verstünden sich die Hersteller ganz gut. Zum Nachteil aber der Kostentransparenz, für die sich die Verbraucherberatung einsetzt. Denn vor allem Kinder und Jugendliche haben oft kein Gefühl dafür, dass sie nicht nur Spiel-, sondern reales Geld verspielen. "Eltern sollten ihren Kindern nicht einfach ein Handy in die Hand drücken, sie müssen sich damit auseinandersetzen und vor allem Regeln vereinbaren", sagt Johanne Voß. Kostenpflichtige App-Posten im Google Play oder im Apple App Store sollten grundsätzlich mit einem Passwortschutz versehen werden. "Im Rahmen unserer Unterrichtsangebote wollen wir künftig PC-Spiele aufnehmen, bei Interesse bieten wir auch Elternabende in unserer Beratungsstelle an", kündigt Dagmar Blum an.

Die Großeltern blieben zum Glück nicht auf der hohen Rechnung sitzen. Zusammen mit den Verbraucherschützerinnen gelang es, den Anbieter zu überzeugen, dass ein Minderjähriger gespielt hatte. Und Verträge mit Minderjährigen sind nichtig. "Das Geld wird in der Regel erstattet, wenn man reklamiert", sagt Johanne Voß.

(RP)
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