Lkw-Fahrer in Solingen mit Gas betäubt "Die Täter würden über Leichen gehen"

Solingen · Ein schlafender Lkw-Fahrer wurde an der A3-Raststätte Ohligser Heide mit Gas betäubt und ausgeraubt. Fernfahrer fühlen sich Angriffen schutzlos ausgeliefert und fordern Hilfe.

Die Täter pirschen sich heran, als der Fahrer des Lastwagens schon schläft. Mit einem Schlauch leiten sie Gas in die Fahrerkabine, der Rest ist ein Kinderspiel: Die Täter knacken die Tür und durchsuchen den Wagen nach Wertgegenständen. Der Fahrer wacht Stunden später mit einem Brummschädel auf, einige hundert Euro Bargeld und sein Computer sind weg.

Mit dieser Masche sollen am vergangenen Wochenende bislang unbekannte Täter einen ukrainischen Lkw-Fahrer auf dem Rastplatz Ohligser Heide an der A3 ausgeraubt haben. Das dreiste Vorgehen der Räuber sorgt in der Öffentlichkeit für Entsetzen, Fernfahrer sprechen allerdings von einem "alten Schuh".

Das sagt Ralf Vüllings, der stellvertretende Landes- und Bundesvorsitzende der Kraftfahrergewerkschaft, der seit knapp 40 Jahren mit dem Lkw auf Autobahnen unterwegs ist. "Ich selber kenne vier Leute persönlich, die Opfer eines solchen Raubes geworden sind", berichtet der 57-Jährige. "Die Fahrer haben keine Chance. Die Täter kommen mit einem dünnen Schlauch, den sie durch die Türdichtung drücken."

Viele Fernfahrer fühlen sich diesen und anderen Angriffen schutzlos ausgesetzt, sagt Vüllings. "Die Polizei müsste deutlich mehr Präsenz zeigen. Wir hören dann immer nur, dass es dafür nicht genügend Personal gibt." Dass viele Raststätten mit Kameras versehen seien, bringe nichts. Das habe auch der Solinger Fall gezeigt. Dort schlugen die Täter in einem toten Winkel zu. Anscheinend kundschafteten sie die Raststätte vor der Tat aus. "Überwachung ist den Tätern egal", sagt Vüllings. "Die kommen blitzschnell vorgefahren und schlagen zu. Die würden über Leichen gehen."

Besonders an der A2 bei Hamm sei es für Lkw-Fahrer gefährlich, sagt Vüllings. Auch die Rastplätze an der A57 bei Krefeld seien nicht ohne. "Übergriffe mit Gas hat es hier in jüngerer Vergangenheit nicht gegeben. Wir haben vor allem Probleme mit Planenschlitzern", bestätigt ein Sprecher der Behörde in Hamm. "Anfang des Jahres haben wir innerhalb weniger Monate rund 100 Delikte festgestellt, bei den meisten blieb es beim Versuch." Auch bei Übergriffen, bei denen sich Diebe "nur" an der Ladefläche zu schaffen machen, kann es für die Fahrer gefährlich werden. Das hat ein weiterer Fall an der Raststätte Ohligser Heide gezeigt. Dort wurde vor wenigen Wochen ein Lkw-Fahrer <u>zusammengeschlagen</u>, als er auf dem Parkplatz nachsah, nachdem er Geräusche an einem anderen Lastwagen gehört hatte.

Die für Solingen zuständige Polizeibehörde Wuppertal betrachtet den jüngsten Raub vorerst als Einzelfall. "Wir erkennen darin kein Muster", sagt Sprecher Stefan Weiand. Unklar bleibt weiterhin, welches Gas die Täter benutzten, um Lkw-Fahrer in Solingen außer Gefecht zu setzen. Die Ermittler fanden keine Spuren.

(sef)
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