Solingen Direkte Hilfe anonym und verschwiegen

Solingen · Die Telefonseelsorge ist die am häufigsten gewählte Nummer bei den Telefonberatungen.

Wenn sein Telefon bei der Telefonseelsorge klingelt, weiß Klaus Reith nicht, wer ihn am anderen Ende der Leitung erwartet. Ebenso wenig wie der 68-Jährige sich seinem Gesprächspartner namentlich vorstellt, wird ihm dieser wahrscheinlich den eigenen Namen nennen. "Es ist wichtig, dass wir ein Angebot zur Verfügung stellen, das gebührenfrei, immer erreichbar, anonym und vertraulich ist", weiß Reith.

Seit sechs Jahren engagiert er sich ebenso wie seine Ehefrau ehrenamtlich für die Solinger Telefonseelsorge, dessen Vorstandsmitglied er ist. "Es ist eine Aufgabe, die mich erfüllt", betont er. Die seelsorgerische Bedeutung der Telefonseelsorge hat kürzlich die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen untersucht. Die Studie zeigt, dass dieses Beratungsangebot die am häufigsten gewählte Nummer bei den Telefonberatungen ist. Und sie gibt Aufschluss über die Motive der Anrufer: Sehr häufig geht es dabei um chronische Erkrankungen und Suizidgedanken. Besonders auffällig ist dabei die hohe Anzahl junger Menschen, die sich mit Suizidabsichten tragen und körperliche, seelische oder sexuelle Gewalt erfahren mussten.

Fast 65 Prozent der Anrufer leben allein und sehen die Telefonseelsorge als eine der wenigen Kontakte, die ihnen bleiben. "Wir übernehmen viele Aufgaben mit, die unser Gesundheitssystem nicht auffängt", weiß der ehrenamtliche Mitarbeiter Klaus Reith. Er hält es für wichtig, Hilfesuchenden ein niedrigschwelliges Angebot zu machen. Die Themen reichen dabei von Problemen in der Partnerschaft über finanzielle Sorgen, bis hin zu Nachbarschaftsstreitigkeiten. "Immer wieder erlebe ich Gefühle großer Einsamkeit bei den Anrufern."

Klaus Reith und seine ehrenamtlichen Mitstreiter sind für die Menschen da, wenn Sorgen und Einsamkeit überhand nehmen. Sie hören zu, wenn andere es nicht tun. Sie möchten unvoreingenommen helfen. Sehr häufig ergeben sich dabei Gespräche, über die Reith noch lange nachdenkt. "Ich helfe den Anrufern nicht nur und erlebe Belastendes, das ich verarbeiten muss, sondern habe auch sehr viel von ihnen lernen dürfen."

Um besser mit dem Gehörten umgehen zu können, werden die Ehrenamtlichen der Telefonseelsorge ausführlich geschult. Im Februar oder März 2016 beginnt für Interessierte dazu ein neuer Kurs. "Wir würden uns sehr freuen, wenn wir weitere Helfer gewinnen könnten." Klaus Reith ist gläubiger Christ. "Bei der Telefonseelsorge leiste ich eine vielschichtige seelsorgerische Arbeit", findet er. Kirche sei für viele Anrufer ein Reizthema. "Oft sprechen wir dann darüber, dass Glaube losgelöst von Kirche Kraft schenken kann."

Manchmal macht Reith das Angebot, für den Anrufer sofort oder nach dem Gespräch zu beten. "Fast alle Menschen, wünschen sich, dass ich dies sofort tue."

(RP)
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