Solingen Ein besonderer Blick auf Solingen

Solingen · In einem Film und mit Fotos erzählen junge Menschen, die erst seit kurzem in Deutschland leben und die Internationalen Förderklassen des Mildred-Scheel-Berufskollegs besuchen, ihre Lebensgeschichten.

 Geschichten von Flucht, aber auch von Neuanfängen und Zukunft erzählten die Schüler der Internationalen Förderklassen des Mildred-Scheel-Berufskollegs.

Geschichten von Flucht, aber auch von Neuanfängen und Zukunft erzählten die Schüler der Internationalen Förderklassen des Mildred-Scheel-Berufskollegs.

Foto: mak

Es ist ein besonderer Blick auf Solingen, wiedergegeben in kurzen Texten, festgehalten in Bildern, in großen Rahmen eingefasst. Es ist der Blick von jungen Menschen zwischen 16 und 24 Jahren, die die Heimat verlassen mussten.

Es ist der Blick der Schüler der beiden Internationalen Förderklassen des Mildred-Scheel-Berufskollegs auf die Stadt, in der sie ein neues Zuhause gefunden haben. Im Rahmen einer Projektwoche haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Woche unter der Überschrift "Meine Geschichte, mein Blick auf Deutschland" gearbeitet und neben dem Fotoprojekt auch einen Film und ein Kochbuch erstellt, die sie gestern Mitschülern und Lehrern vorgestellt haben.

Das Bild des 19-jährigen Zamir aus Afghanistan, eine Kombination aus Text und Fotos, steht mit denen seiner Klassenkameraden auf einer langen Fensterbank im Selbstlernzentrum der Schule. Er hat drei Fotos gemacht: Eins zeigt das Händeschütteln einer Hand mit dunkler Hautfarbe und einer mit heller; eins die Auslage einer Käsetheke; und eins Jugendliche in einer Reihe, die allesamt auf ihr Handy starren. "Die Leute hier sind nett zueinander, egal ob schwarz oder weiß. Viele sind immer mit ihren Handys, dem Internet oder dem Tablet beschäftigt. Und sie essen viel Käse, den ich zum Beispiel überhaupt nicht mag." Seit zwei Jahren geht der junge Mann hier zu Schule. Er weiß, diese Chance zu schätzen.

Es sind beeindruckende, manchmal bewegende, manchmal lustige Fotos, die die Schüler zeigen: Von Fabriken und Häusern, von O-Bussen, gefüllten Supermarkt-Regalen und einer Eisdiele, von Tieren, Bäumen, Blumen und der Natur. "Die Kirche in Eritrea ist rot, blau und gelb. In Deutschland ist sie ohne Farbe", hat einer neben ein Foto der Luther-Kirche geschrieben.

In dem Film indes, den die jungen Leute aus 13 Nationen mit Unterstützung des Medienprojekts Wuppertal gedreht haben, erzählen sie, wie sie nach Deutschland gekommen sind, sie erzählen vom ersten Tag hier, von der Einsamkeit, von Ängsten und Sorgen. "Ich hatte einen Zettel, auf dem mein Name und meine Adresse standen. So bin ich das erste Mal in die Schule gegangen", sagt eine junge Frau im Film.

Sie erzählen aber auch von der Zukunft und von den neuen Perspektiven, die das Leben hier ihnen gibt. Kasia kommt aus Polen, sie ist 17 Jahre alt, seit eineinhalb Jahren hier, ihr Deutsch ist gut, sie will die Schule abschließen, irgendwann Altenpflegerin werden. Ein anderer will im Metallbereich arbeiten, ein Mädchen als Erzieherin. Und sie erzählen ihre Geschichten auf Deutsch - obwohl viele von ihnen erst wenige Monate hier leben. Dilan aus Syrien (17) ist gerade einmal neun Monate hier, sechs Monate besucht sie die Förderklasse. "Ich fühle mich wohl hier", sagt sie in der Sprache, die sie gerade erst gelernt hat. Dies ist auch der Verdienst des Unterrichts in den beiden Förderklassen am Berufskolleg, den derzeit 37 Schüler besuchen. "Diese Schüler sollen als Teil der Schule, als dazu gehörend wahr genommen und wert geschätzt werden. Sie sollen hier ihre Geschichten erzählen, ihre Kultur vorstellen können", sagt Johanne Buyken, die den Bildungsgang der Förderklassen leitet.

(RP)
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