Solingen Ein breites Bündnis für Hilfsbedürftige

Solingen · "Gräfrath hilft" bietet seine Kleiderkammer und Beratungsgespräche seit Februar in der ehemaligen "Libelle" an. Die Räumlichkeiten werden der Initiative mietfrei zur Verfügung gestellt, die Stadtwerke tragen vorerst die Stromkosten.

 Monika Thiel, Christel Füser und Kordula Neumann (v.l.) engagieren sich in der Gräfrather Kleiderkammer.

Monika Thiel, Christel Füser und Kordula Neumann (v.l.) engagieren sich in der Gräfrather Kleiderkammer.

Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

In der ehemaligen Disco geht es lebhaft zu: Wo sich einst Tanzwütige bis in die frühen Morgenstunden beim Feiern austobten, stehen inzwischen dutzende Menschen in der Schlange, um sich mit Pullovern oder Jacken zu versorgen und Spielzeug für ihre Kinder zu ergattern. Seit Anfang Februar stellt die Silag Handel AG mit Vorstandschef Siegfried Lapawa die Räume der ehemaligen "Libelle" an der Wuppertaler Straße der Initiative "Gräfrath hilft" mietfrei zur Verfügung. Die Stadtwerke übernehmen für ein halbes Jahr die Stromkosten.

Das ehrenamtliche Bündnis hatte zuvor seine Kleiderkammer für Bedürftige im Eugen-Maurer-Haus betrieben, musste den Standort aber wegen der dort stattfindenden Baumaßnahmen verlassen. "Wir sind sehr froh über die Unterstützung, die wir hier erfahren", lobt Bezirksbürgermeister Udo Vogtländer (SPD). Die Gräfrather Bezirksvertretung ist an "Gräfrath hilft" genauso beteiligt wie die Facebook-Gruppe "Solinger helfen Solingern", der Verein Flüchtlingshilfe Solingen sowie Kirchgemeinden, weitere Vereine und Bürger.

 Rund 120 von "Gräfrath hilft" betreute Flüchtlinge kommen regelmäßig in die Kleiderkammer. Die Türen in der ehemaligen "Libelle" stehen aber auch für Hartz IV-Empfänger oder Obdachlosen offen.

Rund 120 von "Gräfrath hilft" betreute Flüchtlinge kommen regelmäßig in die Kleiderkammer. Die Türen in der ehemaligen "Libelle" stehen aber auch für Hartz IV-Empfänger oder Obdachlosen offen.

Foto: Stephan Köhlen

"Unsere Angebote richten sich generell an Menschen in Not", stellt Reinhard Burski, parteiloser Bezirksvertreter und Mitglied der Initiative, klar. Neben rund 120 Flüchtlingen, um die sich "Gräfrath hilft" kümmert, kommen auch einheimische Hartz IV-Empfänger und Obdachlose zur alten "Libelle". Dort bieten die ehrenamtlich engagierten Bürger des Stadtteils nicht nur zweimal pro Woche - donnerstags zwischen 15 und 18 Uhr sowie samstags ab 14 Uhr - gespendete Kleider an, sondern führen auch Beratungsgespräche. In der Kleiderkammer hat jeder Besucher eine begrenzte Zeit, um seine Sachen auszuwählen. Dadurch nehme niemand mehr über Gebühr viele Kleider mit, berichten die Betreiber der Einrichtung.

Das Engagement des Bündnisses ist vielfältig: Die Mitglieder begleiten ihre Schützlinge zu Behörden, helfen bei der Suche nach Möbeln für Privatwohnungen, bieten Kinderbetreuung und Freizeitprogramme an und organisieren vier Mal in der Woche niederschwellige Deutschkurse. Die Integration von Flüchtlingen als nächster Schritt nach der materiellen Unterstützung sehen die Ehrenamtler als wichtige Aufgabe. Wenn die ersten Bewohner in das geplante Holzhaus an der Nibelungenstraße einziehen, soll es ein Nachbarschaftsfest geben, damit sich Alteingesessene und Neubürger besser kennenlernen und miteinander ins Gespräch kommen können. "Man muss die Leute abholen", bekräftigt Bezirksvertreterin Heide Sousa (Grüne).

Zugleich scheuen sich die ehrenamtlichen Helfer aber auch nicht, klare Regeln aufzustellen und die Flüchtlinge auf die Gepflogenheiten in ihrer neuen Heimat aufmerksam zu machen. "Wenn jemand zum Beispiel beim Sprachkurs nicht richtig mitmacht, bekommt er auch schon mal eine Ansage", betont Burski.

"Gräfrath hilft" will dazu beitragen, Strukturen für den Alltag zu schaffen - und Starthilfe für das Leben im neuen Umfeld zu geben: "Ein irakischer Flüchtling hat früher ein Restaurant betrieben und sagte, er wolle einfach irgendwas tun und nicht nur rumsitzen", erzählt Burski. Nun bekomme der Mann immerhin ein Praktikum. Einen geflohenen Studenten brachte das Bündnis kürzlich an der Wuppertaler Universität unter. Weitere Leidensgenossen sollen ihm bald dorthin folgen.

(ied)
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