Ansichtssache Ein Innovationsmotor für Solingen und darüber hinaus

Solingen · Der Obus ist eine Technologie der Zukunft. Das hätte vor 20 Jahren kaum jemand gedacht. Mit dem BOB-Projekt kann in der Klingenstadt ein Stück Verkehrsgeschichte geschrieben werden. Und es kann helfen, keine voreiligen Beschlüsse zu treffen.

Es ist gerade einmal zwei Jahrzehnte her, da stand eine Solinger Besonderheit, neudeutsch gesprochen ein Alleinstellungsmerkmal, kurz vor dem Aus. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre gab es jedenfalls ernsthafte Diskussionen darüber, ob es nicht besser sei, die Obusse in der Stadt sozusagen zum alten Eisen zu erklären und fortan in Gänze auf die Dieseltechnik zu setzen.

Heute wissen wir, dass es ein eklatanter Fehler gewesen wäre, die von vielen Solingern liebevoll Stangentaxis genannten Obusse aus dem Verkehr zu ziehen. Denn mittlerweile haben sich die mit Hilfe von Oberleitungen fahrenden Fahrzeuge zu einem Innovationsmotor für Solingen und weit darüber hinaus entwickelt, der unter dem Stichwort batteriebetriebener Obus ganz neuartige Verkehrskonzepte vorantreiben könnte.

Doch bleiben wir - abseits aller zukünftigen Möglichkeiten, die aus der neuen BOB-Technologie erwachsen werden -zunächst einmal in Solingen. Langfristiges Ziel ist es, einen zu 100 Prozent emissionsfreien Öffentlichen Personennahverkehr zu erreichen. Und sollte das BOB-Projekt Erfolg haben, wäre es in der Tat denkbar, das Modell später einmal auf andere Bereiche zu übertragen. Warum sollten eines Tages nicht auch Müllabfuhr sowie Straßenreinigung umweltfreundlich in der Klingenstadt unterwegs sein?

Zugegeben, das ist zurzeit noch Zukunftsmusik. Aber hätte der batteriebetriebene Obus Erfolg, läge wohl kaum etwas näher, als die Technik in solchen Bereichen anzuwenden, die wie die ÖPNV-Busse ebenfalls, wenn schon nicht nach einem exakten Fahrplan, so doch nach festgelegten Vorgaben ihre Routen durch die Stadt absolvieren. Was wiederum zur Folge hätte, dass der BOB zu einem "Verkaufsschlager" werden würde.

Fakt ist, dass in Deutschland nur drei Städte an der Obus-Technik festgehalten haben. Im Ausland sieht die Sache ein wenig anders aus. Aber das bedeut nicht, dass die BOB-Technik für die meisten Kommunen in der Bundesrepublik uninteressant wäre. Im Gegenteil, gerade größere Städte haben Straßenbahnen und somit Oberleitungen, die ihrerseits für eine umweltschonende Umrüstung öffentlicher Fuhrparks nutzbar zu machen wären. Speziell in Städten wie Düsseldorf oder Stuttgart, in denen angesichts der aktuellen Dieseldiskussion ganz konkret Fahrverbote drohen, wären batteriebetriebene Großfahrzeuge in der Lage, Probleme zu lösen.

Nun gehört natürlich auch zur Wahrheit, dass die neue Technik nicht von heute auf morgen kommt. Ein paar Jahre werden schon noch ins Land ziehen. Womit wir zum Schluss noch einmal nach Solingen zurückkehren. Auch hier entwickelt sich angesichts leicht überschrittener Grenzwerte an der Konrad-Adenauer-Straße eine Dieselkontroverse. Eine Debatte, die wie anderswo zunächst mal auf dem Rücken der privaten Dieselfahrer ausgetragen wird und die überdies oft die Vorteile des Diesels gegenüber Benzinern unterschlägt. Vielleicht sollte das Beispiel Obus lehren, dass man Technologien nichtvoreilig einfach beerdigen sollte.

(or)
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