Solingen Ein Maler zwischen Geist und Welt

Solingen · Das Museum am Lindenplatz in Weil am Rhein bereitet eine große Retrospektive des Malers Erwin Bowien vor.

 Die Galerie Gecko hat das Bild "Schlucht bei Kreuzthal" von Erwin Bowien zur Ausstellung in Weil am Rhein ausgeliehen.

Die Galerie Gecko hat das Bild "Schlucht bei Kreuzthal" von Erwin Bowien zur Ausstellung in Weil am Rhein ausgeliehen.

Foto: galerie Gecko

Zwar wird die Ausstellung in Weil am Rhein im Dreiländereck Schweiz, Frankreich und Deutschland erst am 13. Oktober eröffnet, doch die Vorbereitungen zur großen Retrospektive des Malers Erwin Bowien (1899-1972) laufen im dortigen Museum am Lindenplatz bereits auf Hochtouren. Eingerichtet wird derzeit die bislang umfassendste Ausstellung, die je in Weil am Rhein über den Maler und Schriftsteller Erwin Bowien gezeigt wurde.

Bereits vergangene Woche wurden die ersten Bilder für die Präsentation, die unter dem Titel "Zwischen Geist und Welt" steht, im Museum angeliefert. Die Exponate stammen aus Solingen. "Von verschiedenen Leihgebern, darunter das Kunstmuseum und die Stadt-Sparkasse", erklärt Haroun Ayech. Er ist Vorsitzende des Solinger Freundeskreises Erwin Bowien und Sohn von Bettina Heinen, der Meisterschülerin von Bowien. Auch der Freundeskreis hat für die Ausstellung in Weil am Rhein Werke zur Verfügung gestellt. Und zum ersten Mal überhaupt wird auch das Rijksmuseum in Amsterdam seine Bowien-Sammlung ausleihen. Von 1932 bis 1942 hatte Bowien im selbstgewählten niederländischen Exil gelebt – in Egmond aan den Hoef. "Bekannt ist er für seine wundervollen Porträts in Pastell, oder seine vibrierenden Landschaften in Öl. Viele haben ihn als rastlosen Maler kennengelernt, der nie still sitzen konnte und der stets zeichnete, wo er ging und stand", erinnert sich Ayech.

Erwin Bowien wurde 1899 in Mülheim an der Ruhr geboren. Der Vater Erich war Bauingenieur und später Direktor des Rheinhafens in Weil am Rhein, die Mutter, Anna-Marie, war Tochter des Fabrikanten Adolf Heinrich Neufeld aus Elbing (Ostpreußen). Nach Jugendjahren in der französischen Schweiz, einer Kunstausbildung bei Professor William Racine, stellte Bowien 1917 in der Galerie "A la Rose d'Or" in Neuchatel aus. Nach dem Ersten Weltkrieg begann Bowien ein Studium bei Robert Engels an der Kunstakademie in München. In Berlin ließ er sich an der Staatlichen Kunstschule zum Zeichenlehrer ausbilden. Von 1925 bis 1932 lebte Bowien in Solingen. Tätig war er als Kunsterzieher am Gymnasium Schwertstraße. Er hielt Vorträge an der Volkshochschule, malte Industrie-Gemälde für Zwilling J. A. Henckels, malte Wupperlandschaften und Solinger Stadtansichten. Bowien freundete sich mit der Familie des Solinger Redakteurs und Lyrikers Hanns Heinen an.

Nach den Jahren in den Niederlanden kehrt Bowien 1942 nach Deutschland zurück. Ein halbes Jahr lebt er bei der Familie Heinen, dann folgte die Flucht ins Allgäu nach Kreuzthal-Eisenbach. Hier versteckt er sich vor den Nazis, malt für Butter und Brot die Landschaft, das Dorf, die Bewohner. Erst nach dem Krieg kehrt er nach Solingen zurück. Ab 1950 teilt Bowien sein Leben zwischen Solingen und Weil am Rhein auf, 1964 kehrt er ganz ins Elternhaus in Weil zurück. 1970 heiratet Bowien Inken Strohmeyer, 1972 erkrankt er an Krebs. 1972 stirbt Bowien in Weil am Rhein, wo er auch begraben liegt.

Künstlerisch wurden die Nachkriegsjahre Bowiens von einem Thema beherrscht, welches sinnbildgebend für den aus europäischem Geist wirkenden Künstler ist: Die Darstellung des Rheins von seinen Quellen bis zur Mündung. "Es entstanden die wichtigsten Darstellungen rheinischer Dome, des Kölner Doms, der Münster von Breisach und Freiburg, der Domkirchen zu Worms und Speyer, der Münster von Straßburg und Thann", schreibt Hans-Karl Pesch in seiner 1981 erschienenen Bowien-Monographie. "Die Leidenschaft zur Mitteilung von Landschaft, die aus ihren Himmeln lebt und sich auch im fertigen Bild noch fortwährend zu wandeln scheint, verdrängte das Pastell zugunsten einer mitunter an die Grenze zum Wütenden vorangetriebenen Öltechnik. Die Auswahl seiner Motive scheint manchmal tollkühn. Es ist seine Erwiderung auf das Abstrakte, das mit arroganter Totalität Raum ergriffen hatte und über Jahre hinweg eine Kunst der Naturnähe nicht mehr dulden will."

(mit)
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