Ansichtssache Eine Klatsche für die Pöbler im Netz - nicht fürs Jugendamt

Meinung | Solingen · Die OLG-Entscheidung, ein Baby zurück in seine Familie zu geben, ist an denkbar strenge Auflagen geknüpft. Bei dem Kind gab es den Verdacht auf ein Schütteltrauma.

Es war zu erwarten gewesen. Kaum hatten die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf am Donnerstag entschieden, dass der Säugling, der im Januar aus seiner Familie genommen worden war, zurück zu den Eltern kommt, tauchten in sozialen Netzwerken und auch in einem Teil der Boulevardpresse Behauptungen auf, wonach der Richterspruch eine "Klatsche" für das Solinger Jugendamt gewesen sei.

Allerdings muss man schon mit Blindheit geschlagen oder sehr voreingenommen sein, um diese Einschätzung zu teilen. Denn einerseits steht ein medizinisches Gutachten zu den Gründen für die Verletzungen des kleinen Mädchens weiter aus. Und zum anderen hat das OLG in dieser Woche noch einmal klipp und klar festgestellt, dass sowohl die Klinikum-Ärzte, als auch das Jugendamt richtig handelten, als sie das Baby in Obhut nahmen.

Rückblick: Im Dezember wurden im Krankenhaus bei einer Untersuchung Symptome festgestellt, die auf ein Schütteltrauma bei dem Kind hindeuteten. Ein solches Schütteltrauma ist wiederum ein sehr konkreter Anhaltspunkt für eine Misshandlung - weswegen dem Jugendamt nichts anderes übrig blieb, als einzuschreiten. Denn immerhin mussten die Verantwortlichen seinerzeit davon ausgehen, dass das Leben eines wenige Wochen alten Säuglings in Gefahr war.

Und ganz ehrlich: Die Auflagen, die die OLG-Richter nun an die Rückkehr des Mädchens in seine Familie geknüpft haben, zeigen, dass auch das Oberlandesgericht nicht sicher ist, was zu den Verletzungen des Kindes führte. Zwei Mal pro Woche muss das Mädchen bei einem Kinderarzt vorgestellt werden. Und überdies schaut täglich eine Betreuerin des Jugendamtes bei der Familie nach dem Rechten.

Natürlich steht zu befürchten, dass all dies die Pöbler im Netz, die die Jugendamt-Mitarbeiter in den vergangenen Wochen teils massiv bedrohten, nicht zum Umdenken oder gar zu einer Entschuldigung bewegen wird. Sie werden schlicht nicht erkennen, was für eine Klatsche das OLG-Urteil vor allem für sie ist. So ist das einzige, was bleibt, der Familie, vor allem aber dem Baby alles erdenklich Gute zu wünschen.

(or)
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