Solingen Eine virtuose Tour de Force am Flügel

Solingen · Elias Opferkuch brillierte im Meistermann-Saal des Kunstmuseumsbeim zweiten Spielzeit-Konzert der Reihe "Junge Pianisten Elite"

 Elias Opferkuch spielte im Solinger Kunstmuseum.

Elias Opferkuch spielte im Solinger Kunstmuseum.

Foto: Habermann (Archiv)

Er steht für Leidenschaft, Stil, Temperament. Seine Technik ist gigantisch, sein Reifegrad für seine 20 Lenze enorm. Vor 18 Monaten faszinierte Elias Opferkuch mit Tschaikowskys 1. Klavierkonzert an der Seite der Bergischen Symphoniker, nun setzte der mehrfach ausgezeichnete junge Virtuose im Kunstmuseum pianistische Akzente. Mit einem breitgefächerten Abend von Haydn über die Romantik bis zur Frühmoderne erntete er erneut stürmischen Beifall.

Vor allem ist es sein Gespür für Authentizität, mit dem er einen unverkrampften, intuitiven, sehr persönlichen Zugang zu den Werken verschiedener Epochen findet. Da bringt er die klaren Strukturen von Haydns Sonate h-moll Hob. XVI: 32 allürenfrei, mit sicher gewählten Tempi und gut nuancierten Dynamiken in ihrer bestechenden Schlichtheit zum Ausdruck, zeigt im Menuett des Meisters Nähe zu Beethoven, entwickelt im Schlusspresto stilistisch sichere dynamische Steigerungen und bringt die Polyphonie filigran zum Tragen. Um danach in die Welt Chopins einzutauchen. Die ist noch nicht perfekt, oft experimentell, aber stets packend. Die F-Dur-Ballade ist ein schöner Kontrast von Melodik und Ausbruch. Am besten geraten ihm die klangvollen Modulationen des Mittelteils mit spannungsreich aufgebauter Steigerung zum furiosen Schlussteil - der reißt mit, ist symphonisch inszeniert, allerdings, da zu schnell genommen, nicht immer sauber: Melodietragende Basslinien, harmonische Feinheiten haben das Nachsehen. Dennoch ein tolles Erlebnis.

Die Etüde Nr. 4 op. 25 besticht mit exaktem Staccato, in das Opferkuch perfekt eine Legato-Melodie integriert, um bei der Mazurka Nr. 1 H-Dur op. 56 ein magisches Spiel mit Klangfarben und sanft rhythmisierter Melodik aufzubauen. Bei Liszts "Chasse-Neige"-Etüde wird Opferkuch der von chromatischen Läufen durchsetzten Repetitionstechnik voll gerecht und zaubert eine fast mystische Stimmung herbei. Das ist große Musik, die Transformation von Stimmung in Klang.

Nach der Pause bringt er mit Schumanns Sonate Nr. 2 g-moll op. 22 seine größte Leistung. Die maßlose kompositorische Dichte, die eigensinnige Dramatik, die typisch Schumannsche innere Unrast - all dies klingt gut durch. Superschnell, drängend, sehr sauber gelingt der komplexe erste Satz mit den machtvollen Crescendi; sehr intensiv das Andantino mit eleganten Verzögerungen, das Scherzo konturenreich und das Finale mächtig und rund.

Kann man das toppen? Man kann. Mit viel Energie, aber auch Sinn für sensitive Momente lotete Elias Opferkuch mit Strawinskys "Petrouchka"-Klavierfassung die Grenzen des Flügels aus. Vielmehr - er sprengte sie, ließ den Steinway in seiner perkussiven Wucht, seiner expressiven Klangfülle, seinen schroffen Fortissimos so brachial auftrumpfen wie ein Symphonieorchester. Haarsträubende Schwierigkeiten bewältigte er nonchalant. Keine Frage: Er lebte in dieser Musik, ging in ihr auf. Das spürte jeder, und so transportierte er auch härteste Dissonanzen mit Leichtigkeit zum Publikum. Das spendete Ovationen, für die er sich mit Kapustins Toccatina bedankte - einer virtuosen Tour de Force, einem Schmankerl fürs Ohr.

(RP)
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