Solingen Endlich ein normales Leben für Gilberto

Solingen · Über das Friedensdorf Oberhausen kam der siebenjährige Angolaner ins Klinikum. Dort wurde er in der Urologie operiert und von seinem Bauchdeckenkatheter befreit, den er wegen einer Fehlbildung vermutlich von Geburt an trug.

Gilberto ist konzentriert bei der Sache, schließlich muss man beim Memory-Spiel gut aufpassen, um die zusammenpassenden Karten aufzudecken. Dass sich gestern Morgen so viele Menschen für ihn interessieren, kommt dem siebenjährigen Angolaner vermutlich etwas komisch vor. Doch geduldig lässt er sich fotografieren, zusammen mit seinen Ärzten und den Schwestern auf der Station E 71 im Kinderzentrum des Städtischen Klinikums, wo Gilberto im Mittelpunkt einer echten Erfolgsgeschichte steht.

Das Kind, das über das Oberhausener Friedensdorf zur Behandlung nach Deutschland geholt worden war, litt unter Harnröhrenklappen, angeborenen Schleimhautfalten, die zu einer mehr oder weniger starken Einengung der Harnröhre führen. So war dem Kind von den angolanischen Ärzten ein Bauchdeckenkatheter gelegt worden, der den Urin aus der Blase in einen Beutel ableitete.

Das gehört für Gilberto nun der Vergangenheit an, denn Professor Dr. Markus Heuser, Chefarzt der Urologie und Kinderurologie im Klinikum, und Oberarzt Dr. Patrick Vollmann haben den Jungen erfolgreich operiert. Das geschah minimalinvasiv. Die dafür erforderlichen Instrumente mussten eigens bestellt werden, denn solche Operationen werden äußerst selten bei Kindern erforderlich, wie Markus Heuser erläutert. Die Harnröhrenklappen wurden bei der Operation durchtrennt, damit der Urin aus der Blase auf normalem Weg abfließen kann. Gefährlich ist die Operation, weil sich der Schließmuskel in unmittelbarer Nähe befindet und auf keinen Fall verletzt werden darf.

Bei dem siebenjährigen Gilberto ist alles gut verlaufen, auch die ebenfalls notwendige Entfernung einer Niere, die durch die Fehlbildung an der Harnröhre irreparabel geschädigt war. Die Niere wurde ebenfalls minimalinvasiv entfernt. Das heißt, es war ein winziger Schnitt nötig, um das Organ Stück für Stück zu entfernen. Was Gilberto jetzt lernen muss, ist der ganz normale Gang zur Toilette, wenn er Harndrang verspürt. "Manchmal ist ihm das ein bisschen lästig. Vor allem, wenn er gerade ins Memory-Spiel vertieft oder sich mit der Play-Station auf der Kinderstation beschäftigt ist", sagt die stellvertretende Stationsleiterin Anne Winterhagen. Die Verständigung mit dem Jungen, dessen Muttersprache portugiesisch ist, klappt inzwischen ganz gut. Immerhin war Gilberto, wenn er nächste Woche die Klinik verlassen kann, einige Wochen Patient der Kinderstation. "Die wichtigsten Worte in seiner Muttersprache und in Lautsprache haben uns die Mitarbeiter vom Friedensdorf an die Hand gegeben", sagt Schwester Anne. Die Kinder untereinander hätten da ohnehin keine Berührungsängste, wenngleich kaum ein anderes Kind so lange im Krankenhaus bleiben muss, wie Gilberto. Wenn er entlassen wird, kehrt er zunächst ins Oberhausener Friedensdorf zurück, bevor es mit dem nächsten Hilfstransport in seine Heimat zurückgeht - zusammen mit den anderen Kindern, denen in Kliniken in ganz Deutschland kostenlos geholfen wurde.

Auf dem Rückweg wird das Flugzeug dann voll sein mit neuen kranken Kindern, die in ihrer Heimat nicht behandelt werden können, weil ihre Familien das Geld dafür niemals aufbringen könnten.

(RP)
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