Solingen Favoritenrolle fürs Kulturerbe

Solingen · Für Carsten Zimmermann, Projektleiter bei der Bergischen Entwicklungsagentur, gehört die Müngstener Brücke zum Favoritenkreis der neun NRW-Kandidaten. "Die Spannung ist groß", sagt er mit Blick auf die bevorstehende Entscheidung.

Solingen: Favoritenrolle fürs Kulturerbe
Foto: Stiftung Zollverein/M. Duschner

Schloss Neuschwanstein, Rothenburg ob der Tauber, aber ebenso der Kölner Dom gehören für Touristen aus Japan während einer Europareise zu den Top-Ausflugszielen, die sie in Deutschland ansteuern. Gut möglich, dass in Zukunft auch die Müngstener Brücke hinzukommt. Quasi von jedem einzelnen Stahlträger der 107 Meter hohen Konstruktion dürften die Japaner dann vom Brückenpark aus Fotos schießen. In Schaberg, dem Bahnhof unmittelbar vor der Zugfahrt über Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke, dürften die internationalen Gäste gewiss ebenfalls Station machen.

Für Carsten Zimmermann, Projektleiter bei der Bergischen Entwicklungsagentur (BEA), ist dies jedenfalls zukünftig nicht ausgeschlossen. "Es gibt einen großen Weltkulturerbe-Tourismus", berichtet er unserer Zeitung. Würde die Brücke tatsächlich mit dem Unesco-Welterbe-Titel ausgezeichnet, bedeutet dies nach seinen Worten einen erheblichen Image- und Wirtschaftsfaktor für die Region.

Doch bis dahin muss sich die Müngstener Brücke erst einmal unter den neun NRW-Bewerbern durchsetzen. Zwei davon wählt die fünfköpfige Jury aus Archäologen, Denkmalpflegern und Historikern aus.

"Die Spannung ist groß", sagt BEA-Projektleiter Zimmermann. Erwartet wird, dass die Entscheidung vom NRW-Bauministerium Ende des Monats verkündet wird.

Für Zimmermann gehört die Brücke allemal zum Favoritenkreis. "Sie ist eine Ikone des Industriezeitalters", und sie sei ein Sinnbild für Leistungsfähigkeit und Ingenieurskunst des Landes jener Epoche. "Es gibt ganz wenige noch weitgehend im Originalzustand erhaltene Großbrücken in Deutschland aus dieser Zeit." Weltweit gesehen sind Industriekultur-Denkmäler auf der Unesco-Liste insgesamt unterrepräsentiert. Auch deshalb räumt Zimmermann der Brücke ziemlich gute Chancen ein.

Mit zum Favoritenkreis unter den neun NRW-Bewerbern gehören für ihn persönlich außerdem das Ruhrgebiet mit der Erweiterung der Zeche Zollverein sowie der Fundort Neandertal. Vor Ort sei dort zwar nicht viel zu sehen, doch das Neandertal sei sehr bedeutend für die Menschheitsgeschichte.

Als bedeutend stuft Zimmermann auch die Mies-van-der-Rohe-Bauten in Krefeld ein; er gibt aber zu bedenken, dass die "Villa Tugendhat" des Architekten in Brünn bereits den Weltkulturerbe-Titel trägt.

Bei Schloss Benrath schränkt der BEA-Projektleiter ein, dass Schlösser auf der Unesco-Liste insgesamt derzeit bereits zahlreich vertreten sind.

Mitkonkurrenten der Müngstener Brücke in NRW sind außerdem: Bad Münstereifel mit dem Astropeiler Stockert, Paderborn mit den Urbanen Wasserlandschaften sowie Münster mit dem Prinzipalmarkt und der alte Stadtkern von Kaiserswerth in Düsseldorf.

Carsten Zimmermann ist überzeugt: Es wäre ein ganz großer Schritt in die Zukunft, falls die zwischen 1894 und 1897 gebaute Stahlbogenbrücke bei Müngsten in NRW ins Rennen um das Weltkulturerbe geschickt würde — und falls diese dann auch noch auf die deutsche Auswahlliste käme und den Unesco-Titel erhalten würde. "Dann werden wir in der Welt als Standort wahrgenommen."

(RP)
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