Solingen Flüchtlings-Diskussion: "Es gibt keine schnelle Simsalabim-Lösung"

Solingen · Eine Flüchtlingswelle, die einige für eine Völkerwanderung halten: "Wie schaffen wir das?" Die Antworten, die Bundestagsabgeordneter Jürgen Hardt und EU-Abgeordneter Herbert Reul (beide CDU) gaben, gefielen nicht allen ihrer rund 40 Zuhörer. "Einfache Antworten stellen keine Lösungen dar", konterte Hardt bei der zweiten von ihm initiierten Veranstaltung zum Thema Flüchtlinge. "Über Solidarität wird ständig geredet, aber jeder kümmert sich nur noch um sich selbst", kritisierte Reul die europäischen Partner.

Die Politiker sollten "von der Naivität zur Realität finden", forderte einer der Teilnehmer, die am Freitagabend ins Clemenszentrum an der Goerdelerstraße gekommen waren. Das hatte Reul aber bereits in seinen Eingangsworten unterstrichen: "Die Politik hat offensichtlich zu spät verstanden, was das für eine Dimension hat." Er und Hardt nannten Beispiele: etwa die zeitweise reduzierte Unterstützung für Flüchtlingscamps sowie die unsystematische Erfassung der ankommenden Migranten.

Nur zwei Prozent der Flüchtlinge seien politisch Verfolgte, die in Deutschland Asylrecht genießen, listete Hardt auf. Bürgerkriegsflüchtlinge (mit Bleiberecht, solange der Krieg anhält) und die rund 30 Prozent Wirtschaftsflüchtlinge stellten die beiden anderen Gruppen. Jede müsse unterschiedlich behandelt werden: "Ich halte nichts davon, einen Armutsflüchtling hier zu integrieren. Die Kinder würde ich nicht einmal in die Schule schicken" - aus der sie dann bei einer Abschiebung in ihr sogenanntes sicheres Herkunftsland geholt werden müssten. Die Kommunen sollten sich nur um die Flüchtlinge kümmern, die (zumindest eine Zeit lang) in Deutschland bleiben dürfen.

Die deutschen Grenzen dicht zu machen, wie es sich einige der Teilnehmer wünschten, hält Hardt zwar für machbar, aber nicht für sinnvoll. Man drehe in Deutschland (und Europa) jedoch an vielen anderen Stellschrauben, betonten die beiden Politiker. Die Palette reiche vom einheitlichen Flüchtlingsausweis und dem Grundgesetz auf Arabisch über den Druck auf Schlepperbanden durch Nato-Schiffe sowie die Verhandlungen mit der Türkei bis zu mehr Engagement in den Krisenstaaten - wenn nötig auch mit Hilfe der Bundeswehr. Einigen Partnern in der EU müsse man zudem zeigen, dass sie nicht nur die Hand aufhalten könnten. Reul: "Ich wette, dass der europäische Weg funktionieren wird. Es wird nur dauern."

Ohne Zuzug bekomme Deutschland mit seiner überalterten Bevölkerung ein "Riesenproblem", den Wohlstand zu halten, warnte Jürgen Hardt. "Aber es müssen die Richtigen sein", ergänzte Herbert Reul. Sie zu finden und hier auszubilden, wird nicht einfach: "Es gibt keine schnelle Simsalabim-Lösung."

(flm)
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