Solingen Flüchtlingsheime: Stadt geht neue Wege

Solingen · Die Zeiten, in denen für die Menschen große Einrichtungen gebaut wurden, sollen vorbei sein. In den nächsten Monaten fließen etliche Millionen in dezentrale Unterkünfte.

Für die Mitglieder des Solinger Finanzausschusses wird sich der Start in die Weihnachtsferien etwas verzögern. Denn die Stadtverwaltung hat das Gremium jetzt zu Überstunden verdonnert. Zwei Tage vor Heiligabend, am morgigen Dienstag, werden die Politiker im Theater und Konzerthaus zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Einziger Tagesordnungspunkt des nichtöffentlichen Treffens: Die Stadt will den Bau von acht neuen Unterkünften für Flüchtlinge auf den Weg bringen.

20 Millionen Euro werden nach dem Willen der Verantwortlichen in den nächsten Monaten in die Errichtung dieser Pavillons in Holzbauweise gesteckt werden. Und darüber hinaus kommen weitere knapp 33,5 Millionen, mit denen in einem zweiten Schritt der soziale Wohnungsbau angekurbelt wird. Auf diese Weise soll unter anderem ausreichend Raum für 1500 dauerhaft vom Land zugewiesene Flüchtlinge entstehen.

Die insgesamt notwendigen rund 53,5 Millionen kann die finanzschwache Kommune aus eigener Kraft jedoch nicht aufbringen - zumal das Land nach Recherchen unserer Redaktion der Stadt zuletzt für die Unterbringung von Flüchtlingen 365.000 Euro zu wenig zahlte. Aus diesem Grund beantragte Stadtkämmerer Ralf Weeke (SPD) schon vor einigen Wochen bei der Bezirksregierung Düsseldorf eine sogenannte Sonderkreditermächtigung, mit deren Hilfe die Gelder für Flüchtlingsplätze aufgebracht werden sollen.

Eine Entscheidung über die Aufnahme neuer Kredite muss bis zur Verabschiedung des Haushalts am 18. Februar fallen. Erste Gespräche zwischen Stadt und Bezirksregierung wurden inzwischen geführt, wobei diese durchaus vielversprechend verliefen, wie es jetzt aus dem Rathaus hieß.

Tatsächlich wird die Genehmigungsbehörde nach Informationen unserer Redaktion in den kommenden Wochen ihr Okay für einen erweiterten Kreditrahmen erteilen, so dass - sollte der Finanzausschuss morgen Abend "grünes Licht" geben - die Planungen für die acht Holzpavillons bald konkret werden dürften.

Bis spätestens Mai sollen die Bauten stehen. Dabei will die Stadt bei der Flüchtlingsunterbringung neue Wege gehen - weg von großen Einheiten wie Zeltstädten oder Turnhallen, hin zu kleinen, dezentralen Unterkünften. So suchen Experten aus dem Rathaus zurzeit im gesamten Stadtgebiet fieberhaft nach Örtlichkeiten, an denen die acht Holzhäuser mit je 80 Plätzen entstehen könnten. Entsprechende Verhandlungen mit Eigentümern von infrage kommenden Grundstücken laufen.

Allerdings, so ist zu hören, liegen die anvisierten Flächen fast alle eher am Stadtrand - was wiederum Kritiker auf den Plan ruft. "Es ist ja richtig, die Flüchtlinge in kleinen Einheiten unterzubringen. Aber wenn die Unterkünfte weit draußen liegen, erschwert das die Integration", sagte jetzt beispielsweise ein Lokalpolitiker.

Ein Einwand, den man bei der Stadt ernst nimmt. Denn Ziel der neuen Strategie ist es nicht allein, möglichst selten auf Sporthallen zurückzugreifen. Vielmehr geht es auch darum, die Flüchtlinge, die länger bleiben, schnell in die Gesellschaft einzubinden. Dass der Zuzug in absehbarer Zeit schwächer wird, damit rechnet das Rathaus nicht. So geht man davon aus, dass bis Ende 2016 über 5000 Flüchtlinge nach Solingen kommen.

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