Solingen "Fremder wäre nicht lebend rausgekommen"

Solingen · Zeuge schildert, wie er sich beim Brand des Swingerclubs Beverly in letzter Minute ins Freie rettete.

Der Abend sollte gemütlich ausklingen. Der 60-Jährige hatte sich mit einem Glas Rotwein an die Bar gesetzt, die Lichter in den Aktionsbereichen des Swingerclubs gelöscht und nachgesehen, ob sich nicht noch Gäste in den weit verzweigten Räumen des Beverly befinden. Auch der Marketingmanager hatte sich mit einer Freundin bereits ins Spiegelzimmer zurückgezogen, wo er regelmäßig übernachtete. "Plötzlich hörte ich ein Geräusch wie das Klirren von Glas, dann kam der Brandgeruch, und es wurde warm, während dichter schwarzer Rauch die Sicht versperrte", sagte der 60-Jährige gestern als Zeuge vor der Schwurgerichtskammer des Wuppertaler Landgerichts.

Dort muss sich seit dem 8. Mai ein 42-Jähriger verantworten. Dass der Veranstalter von Erotic-Shows den Club in Unterburg am 9. November 2014 mit Benzin in Brand steckte, ist unstrittig, der Angeklagte hat die Tat zugegeben. Die entscheidende Frage für ihn ist jetzt, ob er wissen musste, dass sich zum Zeitpunkt der Tat Menschen im Gebäude befanden, denn dann ist er nicht nur der besonders schweren Brandstiftung, sondern auch des versuchten Mordes schuldig.

Der 60-jährige Zeuge ist ein Vertrauter der Hausbesitzerin, die auf Mallorca lebt. Außerdem war er Stammgast in dem Club an der Eschbachstraße. Als Mann, der schon "mehrmals seinen 49. Geburtstag gefeiert hat", versprach er sich "ein paar romantische Stunden", wenngleich im Beverly die hübschen 25-Jährigen nicht gerade Schlange gestanden hätten. Dass er sich im Swingerclub auskannte, hat dem heute als Hausvermittler auf Mallorca arbeitenden Mann vermutlich das Leben gerettet. "Ohne Nervenstärke und Ortskenntnis wäre ich nicht rausgekommen, ein Fremder hätte das nicht geschafft", sagte der 60-Jährige. Nachdem sich der Rauch breitmachte, habe er sich auf allen vieren zum Seiteneingang bewegt und vom Nachbarhaus aus die Feuerwehr angerufen.

Nach Ansicht des Zeugen wusste der Angeklagte, dass im Beverly regelmäßig Menschen übernachteten. Auch habe er nicht gehört, dass dieser gerufen habe, ob noch jemand im Haus sei. Darauf aber beruft sich der 42-Jährige, der darüber hinaus auch in alle Räume gesehen haben will.

Auslöser für die Tat sollen Unstimmigkeiten über die Bezahlung des Partyveranstalters gewesen sein. Auch das stellt sich aus Sicht des Zeugen anders dar. "Es gab die Vereinbarung, dass er nur noch 20 Prozent von den Netto-Einnahmen bekommt, bereits seit der vorausgegangenen Party ein paar Wochen vorher, alles andere rechnete sich nicht", sagte der Zeuge. Man habe dem Angeklagten zur Wahl gestellt, das zu akzeptieren oder die Zusammenarbeit zu beenden.

Als erste Zeugin am gestrigen Verhandlungstag wurde eine 58-jährige gelernte Kranführerin gehört, die offenbar als Strohfrau für den Club eingesetzt war. Sie sei "Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin" gewesen, sagte die Frau im Beisein ihres Rechtsanwalts. Sie konnte aber keinerlei Angaben über clubinterne Abläufe machen. Die Einnahmen habe sie bei den wenigen Besuchen im Club immer weitergegeben.

Nächster Prozesstag: 16. Juni.

(RP)
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