Solingen Gaunerzinken als Vorboten des Einbruchs

Solingen · Wer auf seiner Hauswand verdächtige Markierungen entdeckt, sollte genauer hinsehen. Um Häuser zu markieren, in denen große Beute wartet, benutzen Diebe Geheimcodes. Auch in Solingen wurden verdächtige Zeichen entdeckt.

 Das mit Kreide gezeichnete Zickzack-Zeichen bedeutet "Vorsicht, bissiger Hund. Normalerweise wird es auf Hauswände gemalt, um andere "Gauner" zu warnen.

Das mit Kreide gezeichnete Zickzack-Zeichen bedeutet "Vorsicht, bissiger Hund. Normalerweise wird es auf Hauswände gemalt, um andere "Gauner" zu warnen.

Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Es ist mitten am Tag, als ein alter Kleinbus durch ein Wohngebiet kurvt. Nun steigen zwei Männer aus, beide erwecken einen mitleidigen Eindruck. Ihre Kleidung ist dreckig, ihr Gang demütig gebückt. Sie schleichen von Haus zu Haus und betteln um Spenden. Erfolg haben sie an diesem Tag selten, aber das kümmert sie nur wenig. Denn ihnen geht es gar nicht darum, Almosen zu sammeln. Die beiden Männer bereiten einen späteren Einbruch vor.

Regelmäßig kundschaften Einbrecherbanden auf diese Weise Wohngegenden aus. Sie betteln, um herauszufinden, in welchen Häusern reiche Beute lockt. Ihr Ziel ist es, diese Objekte mit Symbolen zu markieren. So erkennen ihre Komplizen, die später den Einbruch vollstrecken, wo sich das Einbrechen lohnt. Fachleute sprechen bei diesen Hinweis-Markierungen von Gaunerzinken.

Der Solinger Polizei ist diese Masche bekannt. "In den vergangenen sechs Monaten gab es drei Fälle, in denen Bewohner verdächtige Kreidezeichen gemeldet haben — bei allen lag die Vermutung nahe, dass es sich um Zinken handeln könnte", sagt Polizeisprecherin Claudia Otto.

Gaunerzinken sind ein uraltes Kommunikationsmittel, mit dem einst Hausierer und Bettler markierten, wo es Beute zu holen gab. Mit Hilfe der Symbole kennzeichnen inzwischen Einbrecherbanden auch, wo er besonders leicht ist einzusteigen. Eine waagerechte Linie mit zwei Strichen bedeutet, dass in einem Haus alte Menschen wohnen. Mit einem Kreuz, das auf einem kleinen Hügel steht, kennzeichnen die Einbrecher, dass kein Mann im Haus wohnt.

Einbrecherbanden marschieren längst nicht mehr wahllos in Wohngebiete, um in ein beliebiges Haus einzubrechen. Sie operieren mit professionellen und effektiven Methoden. Eine davon ist das Kennzeichnen von Häusern mit Zinken.

Gaunerzinken: Die Bedeutung der Kreidezeichen am Haus
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Bedeutung der Gaunerzinken

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Foto: RP-Grafik

In Ohligs gab es erst im vergangenen September eine Anhäufung auffälliger Kreidezeichen an einer Garteneinfriedung hinter einem Mehrfamilienhaus. Ein Bürger schaltete daraufhin die Polizei ein. Erst in diesem Monat stellte auch ein Bürger in Höhscheid Kreidezeichen auf dem Hof eines Wohngebäudes fest. Im Februar meldeten Bürger in Ohligs/Aufderhöhe eine blaue Balkenmarkierung. Bei allen Fällen gab es Entwarnung. "In keinem der drei Fälle konnten Einbruchsdelikte oder andere Straftaten mit den Zeichen in Zusammenhang gebracht werden", sagt Otto. "Im Fall der blauen Markierung haben die Ermittlungen ergeben, dass es sich um Baumarkierungen der Telekom gehandelt hat." Grundsätzlich sei es aber richtig und wichtig, dass Bürger verdächtige Zeichen melden. "Jeder sollte die Augen offen halten und sobald er verdächtige Zeichen entdeckt, die nicht zuzuordnen sind, die Polizei verständigen", sagt Otto.

Die Polizei geht indes davon aus, dass Gauner immer häufiger auch auf modernere Diebestechniken zurückgreifen. "Es ist wahrscheinlich, dass Banden vermehrt auch digitale Medien nutzen", erklärt Otto. Im Jahr 2014 stellen Messengerdienste wie "Whats-App", soziale Netzwerke wie "Facebook" oder der Nachrichtendienst "Twitter" auch für Einbrecherbanden völlig neue Vernetzungsmöglichkeiten bereit.

Wie aktuell das Thema Zinken dennoch ist, zeigt ein Beispiel aus Straelen am Niederrhein. Dort hatte ein Mann im Januar dieses Jahres eine zackenförmige Kreidemarkierung an seinem Haus entdeckt und war skeptisch geworden. Eine Szene war ihm im Gedächtnis geblieben: Wenige Tage zuvor hatte es an seiner Haustür geklingelt. Als er die Tür öffnete, warteten im Hauseingang zwei Männer südosteuropäischer Herkunft und baten um Spenden. Der Straelener dachte sich dabei zunächst nichts Böses, wiegelte die Männer mit seinem bellenden Schäferhund an der Hand ab und vergaß den Vorfall — bis er die Markierung entdeckte. Die Skepsis des Mannes war berechtigt. Wie die Polizei nur kurze Zeit später bestätigte, handelte es sich bei dem Zeichen um einen Zinken. Er sollte vor dem Hund des 51-Jährigen warnen.

(RP)
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