Solingen Gerd Kaimer ist tot

Solingen · Solingen trauert um Alt-Oberbürgermeister Gerd Kaimer. Wie die Stadt gestern mitteilte, ist der Sozialdemokrat und Ehrenringträger der Stadt am Sonntag im Alter von 90 Jahren verstorben.

"Gerd Kaimer war mit seiner Menschlichkeit, seiner Lebensklugheit, seiner Nachdenklichkeit und seiner Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, ein ganz großes Vorbild", sagte Oberbürgermeister Tim Kurzbach in einer ersten Reaktion. Sein Wirken werde nicht in Vergessenheit geraten, so Kurzbach am Montag. Und auch zahlreiche politische Weggefährten würdigten den ehemaligen Oberbürgermeister für seine Verdienste um die Stadt. "Mit Gerd Kaimer verlieren wir einen honorigen und bescheidenen Menschen, der viel für Solingen getan hat", sagte etwa Bernd Krebs (CDU), während Kaimers Nachfolger als OB, Ulrich Uibel (SPD), betonte, sein Parteifreund habe "ein Stück Solinger Lokalgeschichte geprägt".

Dabei war Gerd Kaimer seine politische Karriere nicht von Beginn an in die Wiege gelegt gewesen. Als Sohn eines Schleifers am 3. Juli 1926 geboren, wuchs er in der Hofschaft Höhmannsberg auf. Schon in jungen Jahren entschied sich Kaimer, Lehrer zu werden - ein Beruf, den der Solinger bis 1969 ausübte, ehe er schließlich Leiter des Bezirksseminars zur Lehrerausbildung und Schulrat in Remscheid wurde.

Wie für viele seiner Gerneration wurden auch für Gerd Kaimer die Schrecken des Zweiten Weltkrieges zu einem einschneidenden Erlebnis. Mit Millionen anderen jungen Männern schickte das NS-Regime Kaimer am Ende des Krieges noch an die Front, bevor der Solinger schließlich in Kriegsgefangenschaft geriet und auf den Rheinwiesen bei Remagen interniert wurde. Ein traumatische Erfahrung, die Gerd Kaimers Leben fortan prägen sollte. Denn von nun an hatte es sich der spätere OB zum Ziel gesetzt, politisch selbst aktiv zu werden und als Pädagoge Kinder zu verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen. So trat Gerd Kaimer bereits unmittelbar nach Kriegsende der SPD bei, die bis zu seinem Tod seine politische Heimat blieb.

Wobei ihn in späteren Jahren vor allem mit Ulrich Uibel eine besondere Beziehung verband. "Im Lauf der Zeit entwickelte sich eine enge Freundschaft", erinnerte sich das SPD-Ratsmitglied. Als Gerd Kaimer 1984 zum Solinger Oberbürgermeister gewählt wurde, arbeitete Ulrich Uibel beispielsweise als Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Stadtrat. Und als Uibel im Jahr 1997 selbst erster hauptamtlicher Rathaus-Chef der Klingenstadt wurde, stand ihm sein Vorgänger wiederum als erster Bürgermeister zur Seite. Gerd Kaimer sei für ihn stets Vorbild gewesen, ein überzeugter Demokrat, der die Fähigkeit gehabt habe, Menschen zusammenzuführen, sagte Ulrich Uibel, der unterstrich, der Alt-OB habe aber nie einen Zweifel an den eigenen Prinzipien gelassen. "Gerd Kaimer hat immer klare politische Positionen vertreten", erinnerte sich Uibel an den Freund.

Tatsächlich fielen in die Amtszeit Kaimers etliche epochale Ereignisse wie etwa die deutsche Wiedervereinigung. So gehörte Gerd Kaimer im Februar 1990 mit zu den ersten westdeutschen Kommunalpolitikern, die in der DDR an einer Demonstration gegen die noch im Amt befindliche Regierung teilnahmen. Unter anderem knüpfte das Solinger Stadtoberhaupt seinerzeit erste Kontakte nach Aue und begründete auf diese Weise die spätere Städtefreundschaft mit der sächsischen Stadt im Erzgebirge.

Aber auch schreckliche Ereignisse markierten die Jahre des Sozialdemokraten als Oberbürgermeister. Die schlimmsten Stunden durchlebte Kaimer dabei gewiss nach dem Brandanschlag auf das Haus der türkischen Familie Genç 1993, als der OB den Menschen in jenen schweren Tagen Halt gab und nicht zuletzt durch sein Auftreten eine Eskalation verhinderte. "Er war ein Fels in der Brandung. Er zeigte Zivilcourage, als Reifen brannten und Geschäfte zerstört wurden", stellte Ulrich Uibel noch einmal klar.

Eine Haltung, die aus Sicht seiner Partei weiterhin aktuell ist. "Gerd Kaimer war ein überzeugter Verteidiger und Verfechter der Demokratie", würdigte Solingens SPD-Chef Josef Neumann gestern den Verstorbenen. So erinnere die innere Einstellung des Alt-Oberbürgermeisters "gerade heutzutage daran, worauf es in einem Gemeinwesen ankomme", unterstrich Neumann.

(RP)
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