Solingen Gericht verurteilt Polizisten wegen Körperverletzung

Solingen · Christoph Märten hat sich die Videoaufzeichnung von den Vorfällen vor der Solinger Polizeiwache an die 100 Mal angesehen. Am Ende bestanden für den Wuppertaler Richter keine Zweifel: Der Polizeibeamte hat einen betrunkenen 17-jährigen Jugendlichen am Abend des 9. September 2012 in deutlicher Überschreitung seiner Befugnisse krankenhausreif geschlagen.

Gestern verwarf das Landgericht daher die Berufung des Polizisten und bestätigte das Urteil des Solinger Amtsgerichts, das den Mann wegen Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung verurteilt hatte. Lediglich den Bewährungsbeschluss änderte das Gericht ab und ordnete eine Wiedergutmachungszahlung an das Opfer in Höhe von 2000 Euro an sowie eine Geldauflage von 3000 Euro, beides zahlbar in Raten. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgelegt. Gegen dieses Urteil steht den Angeklagten nur das Rechtsmittel der Revision zur Verfügung. Richter Christoph Märten fand deutliche Worte am Ende eines Prozesses, den er als "unangenehmes Strafverfahren" bezeichnete, in dessen Verlauf man sich bemüht habe, sich sehr ausführlich mit dem Sachverhalt zu befassen. Neben den Videoaufzeichnungen hatte das Gericht auch zahlreiche Zeugen und einen Gutachter gehört.

Nach Auffassung des Gerichts war schon die erste Festnahme des Jugendlichen nicht korrekt. Der angetrunkene junge Mann war von zwei Polizeibeamten nach einer aufgelösten Party in der Südstadt zu Boden geworfen und fixiert worden, nachdem diese irrtümlich dachten, ihre ebenfalls eingesetzte Kollegin werde bedroht. Doch die Polizistin hatte ihren Schlagstock nur in der Hand, weil sie am Einsatztag die Befestigung dafür an ihrer Dienstkleidung nicht dabei hatte. Eigentlich, so der Richter, habe es keinen Grund gegeben, den 17-Jährigen zur Wache zu bringen. Das einzig Richtige sei gewesen, dort nach der Blutprobenentnahme die Eltern zu verständigen, die ihren Sohn dann abholten.

Erst danach entwickelte sich das Geschehen, dass den 34-jährigen Polizeibeamten vor Gericht brachte. Nach Überzeugung des Gerichts lief der Beamte, provoziert von dem Jugendlichen, hinter ihm her und schlug ihn so zusammen, dass ein viertägiger Krankenhausaufenthalt nötig war. Und das, obwohl der junge Mann keineswegs die vom Angeklagten behauptete drohende Haltung angenommen habe.

Nicht geklärt werden konnte in dem Berufungsprozess, ob die von den Eltern des Jugendlichen behaupteten weiteren Misshandlungen, als der 17-Jährige schon am Boden lag, dem Angeklagten nachzuweisen sind.

(RP)
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