Solingen Händler zeigen sich stark verunsichert

Solingen · Der verkaufsoffene Sonntag lockte viele Besucher nach Ohligs, Wald und in die City. Es hätten gerne noch mehr Ladenbesitzer ihre Geschäfte geöffnet. Sie durften nicht, weil die Gewerkschaft sich vor Gericht durchgesetzt hat.

 Mit einem reichhaltigen Sortiment an Kleidung und anderen Waren präsentierten sich die Händler in Ohligs am verkaufsoffenen Sonntag.

Mit einem reichhaltigen Sortiment an Kleidung und anderen Waren präsentierten sich die Händler in Ohligs am verkaufsoffenen Sonntag.

Foto: TEPH

Nichts Ganzes und nichts Halbes: Der letzte verkaufsoffene Sonntag in diesem Jahr geht als Kuriosum, wenn nicht als Ärgernis in die Geschichte der Stadt ein. Erst stand er wegen der erfolgreichen Klage der Gewerkschaft Verdi ganz auf der Kippe, dann einigte man sich auf eine Öffnung in Mitte, Ohligs und Wald - schloss aber Geschäfte wegen ihres Sortiments oder ihrer Lage aus. Das ließ gestern auch den einen oder anderen Kunden ratlos zurück.

 Manfred Hahn vom Walder Weinladen war ein gefragter Mann. Einen guten Tropfen wollen sich viele zum Fest gönnen.

Manfred Hahn vom Walder Weinladen war ein gefragter Mann. Einen guten Tropfen wollen sich viele zum Fest gönnen.

Foto: Köhlen Stephan

"Ich werde mein Wochenende zwangsweise genießen", sagte Thomas Pauli, Chef des Edeka-Centers im "Hofgarten", das am zweiten Advent wie andere Lebensmittelgeschäfte nicht öffnen durfte. "Dank Verdi am Sonntag geschlossen" war auf Plakaten an den Rolltoren zu lesen. "Wir sind über die Situation keineswegs glücklich", klagte Pauli. "Selbst die Kollegen können es nicht verstehen. Und die Mitarbeiter kommen gerne am Sonntag. Keiner wird gezwungen."

 Viele Bürger nutzen gestern die Zeit, um auch in den Geschäften der Innenstadt einzukaufen.

Viele Bürger nutzen gestern die Zeit, um auch in den Geschäften der Innenstadt einzukaufen.

Foto: Köhlen Stephan

30.000 Euro Umsatz hatte Pauli erwartet. "Mindestens 80 Prozent wären zusätzlicher Umsatz gewesen", erläutert der Einzelhändler, der im Moment jeden zwölften Euro dank weihnachtlicher Süßwaren einnimmt. "Ganz wichtig sind die Leute, die von außen kommen", blickt Pauli auf erfolgreiche Sonntagsöffnungen zurück. "Da ist schon der eine oder andere zum Stammkunden geworden."

Das Anti-Verdi-Plakat hatte auch Ralf Kohns im Schaufenster - mit einer zusätzlichen Erläuterung. Der Händler von der Konrad-Adenauer-Straße ("Expert Schultes") blieb außen vor, weil die Grenzen für den verkaufsoffenen Sonntag zu eng gezogen wurden. "Ich bin aus allen Wolken gefallen", sagt Kohns und ärgert sich auch über den Einzelhandelsverband, der mit Vertretern der Stadt und der Gewerkschaft am Verhandlungstisch saß. "Ich denke, dass das nicht bewusst gemacht wurde, sondern gedankenlos."

"Es wird mich auf jeden Fall finanziell treffen", kommentiert Kohns. "Der verkaufsoffene Sonntag ist ein umsatzstarker Tag." Mit Expert Schultes traf es einen der größten inhabergeführten Läden in der City - und einen Händler, der sich in Solingen engagiert. Fast 3.000 Euro trug Kohns beispielsweise zur 23.000 Euro teuren Weihnachtsbeleuchtung an der Konrad-Adenauer-Straße bei.

"Irritierend" fand auch Manfred Hahn das Hickhack um den Verkaufssonntag. Erst wurde dem Betreiber des Walder Weinladens vom Verband gesagt, dass er nicht teilnehmen dürfe. Dann kam das Dementi. Da hatte Hahn schon diverse Kunden über die vermeintliche Schließung informiert. Entsprechend überrascht war gestern der eine oder andere Wald-Besucher, dass die Tür zum Weinladen an der Friedrich-Ebert-Straße offenstand.

Auch einige Häuser weiter wusste man erst am Freitag richtig Bescheid. Da erhielt Germute von Müller eine E-Mail von der Stadt, dass sie ihren Bioladen "Flausch & Flocken" wegen des umfassenden Sortiments (nicht nur Lebensmittel) öffnen durfte. "Es geht doch darum, den Stadtteil zu präsentieren", betont von Müller, die an verkaufsoffenen Sonntagen immer selbst im Laden steht. "Mir passiert es ganz häufig, dass Leute aus angrenzenden Stadtteilen kommen und merken, dass sie nicht woanders im Internet bestellen müssen." 67 leere Ladenlokale, die Clemens-Galerien eingeschlossen, hat der Ohligser Modeanbieter Frank Schlemper bei seinem letzten Besuch in der Innenstadt gezählt. Der Einzelhändler weiß, wie schwierig die Zeiten sind: "Unser Stammkunden-Anteil ist von 70 auf 40 Prozent gesunken" Deshalb beteiligt er sich an Aktionen wie der am zweiten Advent. "Wir erzielen in fünf Stunden den Umsatz von zwei Tagen."

(RP)
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