Solingen Hauptbahnhof blockiert

Solingen · Zweieinhalb Stunden haben zirka 100 Personen aus dem linksautonomen Umfeld Samstag im Vorfeld der Neonazi-Demo in Wuppertal den Solinger Hauptbahnhof lahmgelegt. In Wuppertal eskalierte die Gewalt an diesem Tag.

Eigentlich wollte SPD-Parteichef Dr. Kay Zerlin am Samstag an einer friedlichen Kundgebung gegen den in der Nachbarstadt angekündigten Neonazi-Aufmarsch teilnehmen; und diese friedliche Kundgebung erlebte Zerlin mit 2500 anderen Teilnehmern denn auch tatsächlich auf dem Kirchplatz in Wuppertal-Elberfeld. Diese Veranstaltung verlief störungsfrei, bestätigt die Polizei.

Zu der Kundgebung hatten das "Wuppertaler Bündnis gegen Rechts", in dem sich Kirchen, Parteien, Verbände und weitere Organisationen zusammengeschlossen haben, aufgerufen – und unter anderem auch das Solinger Bündnis "Bunt statt Braun". Zerlin hat dort denn auch zahlreiche Solinger unter den Kundgebungsteilnehmern gesehen. "Es ist wichtig, dass wir im Bergischen Land – egal in welcher Stadt es erforderlich wird – solidarisch sind und uns unterstützen." Für Zerlin ist die Teilnahme an einer solchen Gegendemo, um Rechtspopulisten die Stirn zu bieten, auch eine Form der bergischen Kooperation im Städtedreieck.

In Ohligs die Gleise besetzt

Friedlich ging es am Samstag im Vor- und Umfeld des Neonazi-Aufmarsches in Wuppertal und der Gegendemonstration aber ganz und gar nicht zu; im Gegenteil: Im Solinger Hauptbahnhof besetzten zirka 100 Personen, die die Polizei dem linksautonomen Umfeld zuordnet, die Bahngleise. Sie wollten Rechtsextreme, die mit der Bahn anreisten, an der Weiterfahrt nach Wuppertal hindern.

Während der Regionalzug aus Köln vor der Einfahrt in den Bahnhof hielt, rissen Linksautonome die Türen auf, versperrten die Gleise. Zudem ist es wohl auch zu Auseinandersetzungen mit Rechten gekommen. Jedenfalls wurde der Zugverkehr in und um Solingen komplett gestoppt. Der Hauptbahnhof in Ohligs war von 11.20 Uhr bis 13.51 Uhr blockiert. 42 Züge fielen aus; oder sie wurden umgeleitet.

Die Bundespolizei – ausgestattet mit Schutzhelmen und dunkler Uniform – war in der Zeit am Hauptbahnhof in Ohligs mit einem Großaufgebot vor Ort, um Rechte und Links-Autonome auseinanderzuhalten. Nach Angaben der Bundespolizei ist das in Solingen anschließend auch gelungen. Laut Augenzeugenberichten soll es aber dennoch zu weiteren Schlägereien am Hauptbahnhof gekommen sein – und sogar noch am Samstagabend zwischen rund 20 Randalierern. Beim Eintreffen der Polizei mit zahlreichen Streifenwagen flüchteten diese jedoch.

Stundenlang hatte ein Polizeihubschrauber am Samstagmittag über Ohligs gekreist.

"Das ist ärgerlich", sagt Yannic Krämer, während er auf Gleis 1 des Hauptbahnhofs auf einen Zug wartet. Der 20-Jährige wollte eigentlich um 12.38 Uhr mit der Regionalbahn nach Rösrath zur Arbeit fahren. Stattdessen hängt er mittags in Ohligs fest. Zigfach hat der 20-Jährige schon die Lautsprecherdurchsage gehört, dass es wegen der Streckensperrung vorerst keine Reisemöglichkeiten per Zug gebe. Überfüllt mit Wartenden sind das Solinger Hauptbahnhofs-Gebäude und die Bahnsteige aber nicht, weil die meisten in die Busse am Bahnhofsvorplatz steigen, um doch noch zum Ziel zu kommen.

"Die Busse sind doch völlig überfüllt", sagt Ruth Uellendahl. Sie wollte an diesem Samstag nach Düsseldorf, verschiebt den Ausflug aber nun um eine Woche.

Laut Angaben der Bundespolizei auf Anfrage unserer Zeitung sind in Solingen keine Einsatzkräfte verletzt worden, auch zu Beschädigungen sei es hier nicht gekommen.

In Wuppertal sah es anders aus

In Wuppertal ist die Gewalt im Laufe des Samstags allerdings eskaliert. Rund 1000 Gegendemonstranten hatten den Kundgebungsplatz in Elberfeld verlassen. Sie zogen in Richtung Unterbarmer Bahnhof. Den Schutz der Menge nutzten einige Störer und warfen gezielt Flaschen auf Polizisten. Auch von einem Parkhaus heraus wurden später Steine und Flaschen geworfen. Der Unterbarmer Bahnhof musste sogar geräumt werden. Mancherorts in Wuppertal kam es zu Angriffen auf Polizeibeamte und zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Personen des linken und rechten Spektrums. Gruppen von bis zu 100 Personen der linken Szene gingen mehrfach unter massiver Gewalteinwirkung gegen die begleitenden Einsatzkräfte und Versammlungsteilnehmer vor, teilt die Polizei mit.

Die erschreckende Bilanz der Einsatzkräfte am Ende des Tages: "Die Polizei musste zur Kenntnis nehmen, dass die eigenen und die Bemühungen zahlreicher Gruppen für einen friedlichen Protest durch gezielte Provokation und Angriffe immer wieder gestört wurden."

(RP)
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