Festnahmen in Bayern: Spione sollen für Russland US-Einrichtungen ausgespäht haben
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Solingen Initialen der neuen Zeit

Solingen · An der Ritterstraße werden die ehemaligen Gebäude des Besteckherstellers Pott abgebrochen. Später sollen hier Wohnungen entstehen. Aber in Dorp wird nicht nur eine alte Firma beseitigt, sondern auch ein Stück Stadtgeschichte abgerissen.

Die Initialen des Firmengründers thronen noch auf dem Tor, das den Eingang zu dem abschüssigen Gelände an der Ritterstraße säumt. Das ausladende C schwingt sich in weitem Bogen um die Buchstaben H und P – und fast scheint es so, als baute sich der Stahlzaun mit dem Firmenlogo des ehemaligen Besteckherstellers Pott als letzte Barriere gegen die Zeitläufe auf.

Zeitläufe auf Raupen

Die kommen hier in Dorp einstweilen auf Raupen und in Form einer Abriss-Maschine amerikanischer Bauart daher. Gerade ist Mittagspause, aber schon wenige Minuten später wird ein Trupp von Arbeitern seine Arbeit an einem wahren kulturellen Bruch wieder aufnehmen. Schon bald wird dort, wo zu Beginn des 20. Jahrhunderts Firmenpatriarch Carl Hugo Pott den Grundstein zu der später weltberühmten Besteckmanufaktur legte, moderne Wohnbebauung entstehen. „Ein mehrgeschossiges Gebäude an der Straßenfront und dahinter fünf Doppelhaushälften“ seien vorgesehen, berichtet Erster Beigeordneter Hartmut Hoferichter vom Stand der Planungen. Nach Einschätzung des Ex-Firmenchefs Hannspeter Pott könnte es im kommenden Mai so weit sein. „Dann werde ich das Grundstück an einen Bauträger verkaufen“, erklärt er gegenüber der Morgenpost.

Und dann vollzieht sich im Schatten der Dorper Kirche endgültig ein Strukturwandel, der den veränderten Lebensgewohnheiten vieler Menschen Rechnung trägt – und von der Verwaltung unterstützt wird. Für Hartmut Hoferichter geht es darum, Konflikte zwischen Gewerbe und Bevölkerung zu vermeiden. Wenn einzelne Firmen also im Lauf der Jahrzehnte von Wohnbauten regelrecht eingekreist wurden und sich die Besitzer zur Aufgabe entschlossen haben, soll die Fläche möglichst für neue Wohnbebauung genutzt werden. Nach den Kriterien moderner Stadtplanung macht das Sinn und lag im Fall der Ende 2005 nach Mettmann verlagerten Produktion von Pott-Bestecken geradezu auf der Hand. Immerhin gilt das einstige Firmenareal als wahres Filetstück. Doch wenn in einer Vorlage an die Bezirksvertretung Burg/Höhscheid die Flächen rund ums alte Firmengebäude schlicht zu einem „Plangebiet“ degradiert werden, dann gerinnt da in dürrem Amtsdeutsch gleichzeitig auch ein Stück Stadtentwicklung zur bloßen historischen Erinnerung.

Wieder eine namhafte Solinger Firma weniger – Hannspeter Pott blickt mit gemischten Gefühlen auf das Abbruchgrundstück. „Ein bisschen Wehmut“ sei schon dabei, gesteht er. Aber dann gibt er sich wieder einen Ruck und erklärt, dass er mit dem Abriss auch die weiter anfallende Grundsteuer habe sparen wollen. Die müsste Pott sonst nach den Buchstaben des Gesetzes zahlen – und was sind dagegen schon die Initialen eines Solinger Unternehmenspioniers?

(RP)
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