Solingen "Jetzt lassen sich Dinge bewegen"

Solingen · Die Grünen sehen sich in Solingen gut aufgestellt, sagt Fraktionssprecherin Martina Zsack-Möllmann (52) im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch das Viererbündnis mit SPD, BfS und Linken zahle sich aus.

Wie entwickelt sich die Partei in Solingen?

Zsack-Möllmann Gut. Auf jeder Mitgliederversammlung kommen neue Leute hinzu – viele junge Menschen und Migranten. Die hoffen wir natürlich zu halten.

Und wie läuft die Arbeit in dem Viererbündnis, der Gestaltungsmehrheit?

Zsack-Möllmann Wir haben die Zusammenarbeit erprobt und für stabil befunden. Man merkt, dass man dadurch Dinge besser bewegen kann als in der Opposition. Kompromisse gehören dazu, wie beim Heidebad, wo jetzt noch mal geprüft werden soll, ob es sich in ein Naturbad umwandeln lässt.

Wie sieht es mit dem Birkerbad aus?

Zsack-Möllmann Da hoffen wir, dass die Verwaltung mit der Bezirksregierung Wege findet, die Umsatzsteuer-Problematik zu lösen. Und dass die Lebenshilfe dann weiterhin an ihrer Zusage festhält, das Bad umzubauen. Das wäre nicht nur fürs Schulschwimmen wichtig, sondern für die gesamte Südstadt.

Hätten sich die Politiker schon früher eine Alternative überlegen müssen?

Zsack-Möllmann Nein. Die Lebenshilfe hat immer signalisiert, das Bad übernehmen zu wollen. Politik und Verwaltung haben dafür gesorgt, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Dass nun ein Urteil die Sachlage ändert, damit konnte keiner rechnen.

Ungewissheit herrscht im Moment auch in Ohligs. Wird das O-Quartier eine ähnlich unendliche Geschichte wie der Hofgarten?

Zsack-Möllmann Ich kann beide Seiten verstehen: den Investor, der seine Ziele verfolgt, aber auch die Einzelhändler, die beim O-Quartier mitreden wollen. Ohligs ist ein funktionierender Stadtteil. Es wäre ein Horrorszenario, wenn er durch ein überdimensioniertes Einkaufszentrum zusammenbrechen würde.

Glauben Sie, dass der Hofgarten am Neumarkt überhaupt noch kommt?

Zsack-Möllmann Ich war von Anfang an skeptisch. Die bisherigen Projekte des Investors haben mich nicht überzeugt. Karstadt hat nach eigenen Angaben aufgegeben, weil die Verkaufsfläche zu groß war. Der Hofgarten soll mehr als doppelt so groß werden. Wie soll das gehen? Man darf solche Center nicht isoliert planen. Das sieht man an den Clemens-Galerien. Sie haben die untere Hauptstraße kaputt gemacht.

Einen schnelleren Anschluss zur Autobahn A 3 in Langenfeld über die Verlängerung der Viehbachtalstraße haben die Grünen verhindert. Reicht es, wie geplant, die jetzige Auffahrt anders zu gestalten, um den Pendlern den Weg zur Arbeit zu erleichtern?

Zsack-Möllmann Wir hoffen es. Man sieht doch an der Zufahrt zur A 46 in Haan-Ost, dass eine ausreichende Anzahl von Fahrspuren Staus verhindern kann. Aus Solingen zur Autobahn kommt es fast nie zu Rückstaus, dagegen aber aus dem Gewerbegebiet Haan zur A46, wo es nach dem Kreisverkehr zunächst nur eine Spur gibt.

An den Solinger Gesamtschulen wurden auch diesmal viele Kinder, nämlich 272, abgelehnt. Hat die Politik da an den Wünschen der Eltern vorbei geplant?

Zsack-Möllmann Wir schieben das Thema seit zehn Jahren vor uns her. In dieser Zeit haben 2000 bis 3000 Kinder nicht den Bildungsweg eingeschlagen, den ihre Eltern für gut befunden hätten. Jetzt fangen wir wieder von vorne an. Ob die Gemeinschaftsschule die Lösung ist, wissen wir nicht. Im Schulausschuss haben wir die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob es ein geeignetes Gebäude für eine vierte Gesamtschule gäbe. Darauf warten wir noch. Es fehlt auch ein Schulentwicklungsplan.

Gibt es Pläne, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?

Zsack-Möllmann Wir sind für die Quote. Im April verabschiedet der Stadtrat die EU-Charta zur Gleichstellung der Frau, zumindest in den städtischen Betrieben. Grundsätzlich sollten uns die skandinavischen Länder Vorbilder sein. In Norwegen hat man auch für Aufsichtsräte Frauenquoten eingeführt, und man sieht, dass es klappt.

Was machen die anders als wir?

Zsack-Möllmann Die Skandinavier haben eine andere Denkweise. Sie legen Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Führungspositionen sind bei ihnen nicht mit einem Zwölf-Stunden-Tag gleichgesetzt. Eine solche Einstellung täte auch den Deutschen gut.

An der Solinger Stadtspitze sind schon zwei Führungskräfte durch die hohe Arbeitsbelastung erkrankt. Hat die Stadt dort zu viel gespart?

Zsack-Möllmann Die Kürzung einer Dezernentenstelle war die Reaktion darauf, dass Solingen 45 Millionen Euro einsparen musste. Es zeigt sich jetzt, dass das nicht klappt. Wir haben nichts davon, wenn sie nun der Reihe nach zusammenbrechen. Man sollte prüfen, inwieweit die Arbeit der Dezernenten an die untere Ebene delegiert werden kann und ob sie untereinander auch anders verteilt werden müsste. Die Arbeitsverdichtung nimmt in vielen Bereichen der Verwaltung zu. Darüber machen wir uns ernsthaft Sorgen.

Susanne Genath führte das Gespräch mit Martina Zsack-Möllmann.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort