Solingen Jochens Hülders bewegende Trauerfeier

Solingen · Der Manager der Toten Hosen ist am Wochenende beerdigt worden. Sänger Campino und Regisseur Wim Wenders hielten bewegende Reden, am Grab kam es zu einer (zu) späten Versöhnung.

 Knapp 1000 Gäste erwiesen auf dem Südfriedhof dem an Magenkrebs gestorbenen Manager Jochen Hülder die letzte Ehre, darunter Konzertveranstalter Marek Lieberberg, Fotokünstler Andreas Gursky sowie die Toten Hosen.

Knapp 1000 Gäste erwiesen auf dem Südfriedhof dem an Magenkrebs gestorbenen Manager Jochen Hülder die letzte Ehre, darunter Konzertveranstalter Marek Lieberberg, Fotokünstler Andreas Gursky sowie die Toten Hosen.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Frank Schreiber und Jochen Hülder hatten seit vielen Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. In ihrer Heimatstadt Solingen wurden sie einst beste Freunde, in Düsseldorf arbeiteten sie zusammen in einer Plakatierungsfirma, dann aber überwarfen sie sich und gingen sehr getrennte Wege. Nun reiste Schreiber extra aus Australien an, um auf dem Düsseldorfer Südfriedhof dem verstorbenen Hülder die letzte Ehre zu erweisen.

Selbst bei seiner "Verabschiedungszeremonie" wurde dem an Magenkrebs gestorbenen Manager der Toten Hosen die Exklusivität zuteil, die er sich schon zu Lebzeiten erbeten hatte: Samstagsbegräbnis, der Parkplatz des Südfriedhofs von Polizei und Ordnungsamt abgesperrt, knapp 1000 Gäste, neben Familie und Weggefährten viele Prominente wie ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber, Sportmoderator Matthias Opdenhövel, Konzertveranstalter Marek Lieberberg, Fotokünstler Andreas Gursky und natürlich die Toten Hosen. Die Friedhofskapelle war so voll, dass viele die Trauerfeier draußen unter einem Pavillon verfolgen mussten. Oberbürgermeister Thomas Geisel sandte im Namen der Landeshauptstadt einen Kranz mit roten und weißen Blumen. Sogar das Wetter spielte mit: schneereichster Tag seit zwei Jahren.

Der Tag der großen Beerdigung war ein Tag der kleinen Gesten. Bei der anschließenden Zusammenkunft im Restaurant "Dr. Thompson's" bestellte Toten-Hosen-Sänger Campino - völlig untypisch für ihn - erst mal einen Cognac. Der Tod des Managers hat den Sänger offenbar so hart wie kaum einen anderen getroffen.

Hülder hatte Anfang der 1980er die Abschiedstournee von Campinos erster Band ZK organisiert. Der Gewinn waren 150 Mark. Hülder sei damit sofort in eine Rotlichtbar gegangen und mit zwei Schnapsflaschen zu je 75 Mark herausgekommen. "Da wussten wir, das ist unser Mann", sagte Campino in seiner Trauerrede. "Als Jochen kam, waren wir gegen Erfolglosigkeit versichert." Mit dem mutigen Schritt in die absolute Unabhängigkeit unter dem Namen JKP (Jochens kleine Plattenfirma) legten Manager und Musiker den Grundstein für ihren immensen Erfolg. Hülder hat zudem eine Konzertagentur, Restaurants und Clubs (Malkasten, mk-2, 3001) miterfunden oder -betrieben. "Jochen, du bist jetzt bestimmt im Himmel. Und sicher hast du da oben längst ein Büro eröffnet, um Partys zu organisieren", sagte Campino.

Wim Wenders erzählte in seiner Rede vom letzten Besuch im Krankenhaus. Der Regisseur wollte über Gott reden und über das, was nach dem Leben komme. Aber Hülder wollte nicht. Nach der Verabschiedung habe Hülder lange an der Tür des Krankenhauses gestanden und Wenders nachgeblickt. Einmal habe Wenders sich umgedreht. Dieses Bild werde er nun nicht mehr vergessen. "Am Vermissen kann man es messen. Und wir vermissen dich so sehr", sagte Wenders. Zu "One Love", einem Song von Hülders Lieblingsmusiker Bob Marley, trugen Trini Trimpop, Campino, Kuddel, Andi und Breiti den Sarg aus der Kapelle.

Eine der rührenden Geschichten, die am Samstag erzählt wurden, spielt im vergangenen Sommer: Hülder war während der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 mit den Toten Hosen in einem alten Opel von Spiel zu Spiel gefahren und hatte schließlich den Sieg der deutschen Mannschaft erlebt. Seitdem war er bei allen großen Turnieren live dabei. 2014 allerdings ging es ihm schon so schlecht, dass er nicht nach Brasilien fahren konnte. Den Triumph der Elf von Joachim Löw sah er nur im Fernsehen. Als die Weltmeister von Rio den Pokal in die Höhe stemmten, grölten sie zum Playback ein Lied von Hülders Band: "Tage wie diese".

(RP)
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