Solingen Junger Salafist schlug auf Polizistin ein

Solingen · Nur Helm schützte Beamtin vor Verletzung. Gericht verurteilte Hamburger zu vier Wochen Arrest.

Die junge Polizeibeamtin hatte das Stück Kunststoff, das sie vor Schlimmeren bewahrte, gestern ins Gerichtsgebäude an der Goerdelerstraße mitgebracht. Und spätestens, als die Prozessbeobachter das zersplitterte Visier des Schutzschirms sahen, wurde den meisten Anwesenden wohl klar, mit welcher Wucht der unscheinbar wirkende Mann auf der Anklagebank seinerzeit auf die Frau eingedroschen hatte.

Die Quittung bekam der heute 20-Jährige wenig später. Das Solinger Jugendschöffengericht verurteilte den Hamburger am Mittwochvormittag zu einem vierwöchigen Dauerarrest, den der Abendschüler wahrscheinlich in den nächsten Ferien absitzen muss. Zuvor hatte der Mann gestanden, die Polizistin am 1. Mai 2012 bei den schweren Salafisten-Krawallen vor dem Solinger Rathaus mit einer Fahnenstange angegriffen zu haben.

Bei den Ausschreitungen waren seinerzeit mehrere Beamte verletzt worden, nachdem sich die radikalen Muslime von Mohammed-Karikaturen der rechten Partei Pro NRW provoziert gefühlt hatten. Die Polizisten hatten sich den Salafisten in den Weg gestellt, als diese eine Kundgebung von Pro NRW stürmen wollten.

Aus heutiger Sicht des Angeklagten die einzig richtige Reaktion der Beamten. "Die Polizisten taten nur, was sie tun mussten", sagte der 20-Jährige vor dem Jugendschöffengericht. Er könne sich nur für sein damaliges Verhalten entschuldigen und sei froh, dass der von ihm attackierten Polizeibeamtin nichts geschehen sei.

Während der Tat selbst hatte der junge Hamburger die Situation indes noch anders eingeschätzt. Zusammen mit mehreren Gesinnungsgenossen war er am Tag vor den Ausschreitungen von Hamburg nach Solingen gekommen. Freunde hätten ihn dazu überredet, gab der Mann jetzt zu Protokoll. In Solingen übernachtete die Reisegruppe zunächst in der inzwischen geschlossenen Milatu-Ibrahim-Moschee, bevor man sich am Vormittag schließlich zur Demo gegen die Pro-NRW-Veranstaltung begab. "Es war nicht verabredet, Gewalt anzuwenden", so der Hamburger gestern.

Dort auf dem Rathausplatz sei die Lage dann aber mit einem Mal eskaliert, so der Angeklagte, der bei seinem Angriff angeblich nur einem anderen Salafisten helfen wollte. "Ich hatte selbst Angst", erinnerte sich der Hamburger. Die Fahne, mit der er zuschlug, habe er zuvor von jemanden in die Hand gedrückt bekommen. "Ich werde nie wieder zu einer Demonstration gehen", sagte der Mann gestern. Er gab an, sich inzwischen aus der Salafistenszene in seiner Heimatstadt zurückgezogen zu haben.

(RP)
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