Solingen Kinder mahnen Autofahrer: Tempo runter

Solingen · Die Zahlen sind steigend: Im vergangenen Jahr verunglückten 67 Kinder auf Solingens Straßen, sieben mehr als im Vorjahr. "Siehst Du mich?!"- riefen Kita-Kinder und Grundschüler Autofahrern bei einer Aktion zu, vom Gas zu gehen.

Es ist eine lange Reihe: 67 Kinder stehen nebeneinander auf dem Bürgersteig der Neuenhofer Straße. Sie strecken den Fahrzeugen ihre Arme entgegen, um sie dann mahnend abzusenken. "Langsamer, langsamer" rufen die Mädchen und Jungen aus den ersten und zweiten Klassen der Grundschule Wiener Straße, die kaum größer sind als die Motorhaube eines Autos, den Fahrern zu. Dies macht nachdenklich und soll die Straße sicherer machen.

Morgens um 8 Uhr Zeit herrscht Hochbetrieb im Berufsverkehr des Kreuzungsbereichs mit der Platzhofstraße. Jeder hat es eilig. Es kann mitunter nicht schnell genug gehen. 67 Kinder auf dem Bürgersteig - jedes steht für ein Kind, das im vergangenen Jahr in Solingen im Straßenverkehr verunglückte. "Das sind viel zu viele", sagte Polizei-Verkehrssicherheitsberater Uli Schmidt.

Die Zahl markiert eine besorgniserregende, steigende Entwicklung. Denn im Jahr davor hatten sich noch 60 Kinder auf Solingens Straßen verletzt. "Gott sei dank gab es keinen tödlichen Verkehrsunfall mit einem Kind", erklärte Michael Bartsch, Leiter der Verkehrsunfall-Prävention der Polizei, bei der Sicherheitsaktion an dem vielbefahrenen Höhscheider Kreuzungsbereich. Neben Grundschülern hatten sich auch Kinder der Kitas Wiener Straße und Confetti auf dem Bürgersteig postiert.

Derart wurden gestern Morgen nicht nur Autofahrer in Höhscheid wachgerüttelt. Die stadtweite Sicherheitsaktion "Siehst Du mich?!" zu Beginn der dunklen Jahreszeit sollte insbesondere den morgendlichen Berufspendlern vor Augen führen, wo überall Grundschulen und Kitas sind. Gut 3500 Kinder, Eltern, Lehrer und Erzieher sowie Polizisten waren in den Morgenstunden mit leuchtend gelben Warnwesten an Solingens Straßen, um auf Kinder hinzuweisen. 21 Grundschulen und 37 Kindertagesstätten beteiligten sich dieses Mal an der Aktion, die bereits zum siebten Mal stattfand.

"Runter vom Gas" - der Appell auf dem Spruchband von Levi, Lucas, Linus, Sophia, Tom und den anderen Kita-Kindern, das sie mit Signalstreifen versehen haben, hat Symbolkraft. "Es ist wichtig, dass unsere Kinder gesehen werden", sagte Kathrin Ritter, die als Mutter die Sicherheitsaktion an der Neuenhofer Straße begleitete. Eltern sind besorgt, denn es wird häufig zu schnell gefahren. Erzieherin Daniela Lenge ist froh, dass Eltern den Kindern bei der Aktion zur Seite stehen.

"Kinderunfälle sind reduzierbar, wenn Autofahrer freiwillig langsamer und konzentriert fahren - insbesondere an Stellen, wo sie mit Kindern rechnen müssen", erklärte Uli Schmidt von der Polizei. Denn die Zahlen sprechen Bände: "Bei einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern führt der kurze Blick aufs Handy mit einer Verlängerung der Reaktionszeit um eine halbe Sekunde zu einem Aufprall auf ein Kind mit 37 Stundenkilometern."

Unterdessen verteilten die Kinder vom Bürgersteig aus Handzettel: "Lieber Autofahrer, an der Stelle, an der Du mit 30 km/h gerade noch vor mir zum Stehen kommst, wenn ich plötzlich auf die Straße laufe, hast Du bei 50 km/h noch gar nicht gebremst und fährst mich um. Todsicher."

(RP)
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