Solingen Klassenerhalt so wertvoll wie nie

Solingen · Der Bergische HC ist sportlich zu einer festen Größe in der Handball-Bundesliga gewachsen. Nun muss auch noch die Infrastruktur erstklassig werden. Eine Analyse.

 Kapitän Viktor Szilágyi feierte mit seinen Teamkollegen vor 3079 begeisterten Zuschauern in der ausverkauften Unihalle den vorzeitigen Liga-Verbleib.

Kapitän Viktor Szilágyi feierte mit seinen Teamkollegen vor 3079 begeisterten Zuschauern in der ausverkauften Unihalle den vorzeitigen Liga-Verbleib.

Foto: MAK

Das Abenteuer des Bergischen HC geht weiter. Das sportliche Aushängeschild der Region hat sich zwei Jahre nach seinem direkten Wiederaufstieg zum dritten Mal in Folge das Startecht für die Handball-Bundesliga gesichert. Bereits drei Spieltage vor Saisonende überlässt die Mannschaft von Trainer Sebastian Hinze das Zittern um den Klassenerhalt sechs anderen Teams, von denen vier den Gang in die Zweite Liga antreten müssen, wobei Bietigheim bereits als Absteiger feststeht.

Der BHC ist ein Erfolgsprodukt harter Arbeit. Das Team hat eindrucksvoll die ungeschriebene Regel gebrochen, dass sich die zweite Saison nach einem Aufstieg immer schwerer gestaltet als die erste. Und es hat die Kritiker eines Besseren belehrt, die dem 15-köpfigen Kader nach dem personellen Aderlass im Sommer 2014 diese Konstanz nicht zugetraut haben. Fünf Abgänge waren zu verzeichnen, darunter der von Michael Hegemann, der als Abwehrchef kaum ersetzbar schien. Dem gegenüber standen lediglich die Verpflichtungen der wenig bekannten Milos Dragas, Moritz Preuss und Nils Artmann. Sie haben sich eingefügt in eine Mannschaft, die diese Bezeichnung verdient hat - ganz im Gegensatz zu dem Team, das bei dem ersten Erstliga-Gastspiel in der Saison 2011 / 12 gleich wieder den Platz in der stärksten Liga der Welt räumen musste.

Es ist das bescheidene Vertrauen in die eigenen Stärken, das den Bergischen HC in eine Position gebracht hat, dass selbst die absoluten Spitzenteams wie die Rhein-Neckar Löwen oder die SG Flensburg-Handewitt als Verlierer die Halle verlassen müssen. Jeder andere Verein hätte in der vorigen Saison den Trainer entlassen, als eine Niederlagen-Serie kein Ende nehmen wollte und die Abstiegsgefahr immer größer wurde.

Sebastian Hinze blieb und konnte so auch weiterhin Schritt für Schritt seine Handball-Philosophie umsetzen. Seine Handschrift ist unverkennbar. Das Spiel der eingespielten Mannschaft hat sich kontinuierlich weiterentwickelt und ein hohes und stabiles Niveau erreicht - insbesondere bei der leidenschaftlichen Abwehrarbeit. Auf welchem Tabellenplatz könnte der BHC stehen, wenn er seine Punkte bis auf drei Ausnahmen nicht nur in eigener Halle geholt hätte ?

Es war sympathisch, dass die nach dem souveränen 35:30-Heimsieg gegen den HSV Handball obligatorischen "Etwas Besonderes erreicht"-Shirts nur indirekt etwas mit dem Klassenerhalt zu tun hatten, sondern eine Neuigkeit überbrachten. "So. 27.12.,15 Uhr, Christmas-Fight Bergischer HC vs. THW Kiel Lanxess-Arena Köln" stand auf den Kleidungsstücken: Der BHC wird also in der nächsten Saison erneut ein Handball-Fest in der Kölner Arena feiern, nachdem er dort gegen den VfL Gummersbach am 12. Oktober einen 28:26-Sieg vor 7060 Zuschauern gefeiert hat. "Am 27. Dezember wollen wir in der Lanxess-Arena unseren Zuschauerrekord toppen", sagte Geschäftsführer Jörg Föste. Damals brachte das Event einen Netto-Ertrag von 45 051,93 Euro - das ist mehr als das Dreifache dessen, was es bei einer ausverkauften Unihalle zu erwirtschaften gibt.

Der Ligaverbleib jedenfalls ist so wertvoll wie nie, weil er andeutet, dass in Solingen und Wuppertal etwas Dauerhaftes entsteht. Jetzt, wo die Planungen einer Arena Bergisch Land immer konkreter werden und im nächsten Schritt die Voraussetzungen für eine Finanzierung unter Einbeziehung von Fördermitteln geklärt werden sollen, hätte ein Abstieg das gesamte Projekt womöglich wieder infrage gestellt. Dass eine Mehrzweckhalle mit einem Fassungsvermögen von rund 6000 Zuschauern Sinn macht, zeigt das Beispiel Lanxess-Arena, in der der BHC mehr als diese Zahl an Fans begeistert hat.

Dass sie nötig ist, wurde ebenfalls beim Spiel gegen Hamburg deutlich: Geladene Gäste wurden im eigentlichen Presseraum bewirtschaftet, Zigarettenqualm zog von der geöffneten Außentür hinein und vermischte sich mit dem Dunst von gebratenen Leckereien - dieses Geruchsgemisch wiederum verteilte sich in den Kabinengängen. Das ist weder für Sportler noch für Ehrengäste ein adäquater Rahmen.

(gra)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort