Interview: Serie (m)ein Besonderer Schatz Little Spoonbill gibt den Löffel nie ab

Solingen · Eines der Lieblingsstücke von Dr. Barbara Grotkamp-Schepers im Klingenmuseum ist ein seltsamer Vogel, der mit einem silbernen Löffel im Mund geboren wurde. Die niederländische Künstlerin Felieke van der Leest hat ihn geschaffen.

Ziemlich schlapp sieht er aus. Aber den Löffel wird er wohl nie abgeben. Denn der ist buchstäblich angewachsen. Fast wie ein handgroßer Storch sieht er aus. Der weiße Körper ist aus flauschiger Wolle, die schwarzen Beine und roten Füße aus wohlig weicher Seide. Nur statt eines Schnabels hat das feine Stofftier einen silbernen Löffel.

Little Spoonbill ist sein Name. "Das ist ein rührendes Stück, zauberhaft und zugleich witzig", schwärmt Dr. Barbara Grotkamp-Schepers, Direktorin des deutschen Klingenmuseums, von ihrem Lieblingsexponat. Es gehört zu den wenigen, die nach einer Ausstellung 2003 vom Museum angekauft wurden. In dieser Ausstellung "Löffel - Lepels - Spoons" ging es spielerisch rund um den Löffel. Die niederländische Künstlerin Felieke van der Leest hat dieses seltsame Geschöpf gestaltet. "Angeregt wurde diese Ausstellung von einem holländischen Galeristen", erläutert die Museumsleiterin. "Das Thema Löffel sollte da einmal gegen den Strich gebürstet werden." Zunächst war diese Ausstellung in Amsterdam zu sehen, bevor sie nach Solingen kam. Beteiligt hatten sich an der Ausstellung Künstler aus den Niederlanden, aus Belgien, England, Deutschland und auch aus Australien. "Sechs Stücke aus der Ausstellung haben wir dann übernommen." Darunter eben auch den seltsamen Storch mit Löffelschnabel.

Wenn man dieses "Schnabeltier" betastet, merkt man, dass es ein Weibchen ist. Im Unterleib lässt sich eine kleine Metallkugel ertasten. Es gibt auch ein männliches Gegenstück dazu. Das hat zwei Kugeln im Balg. "Das ist typisch holländischer Humor", amüsiert sich Grotkamp-Schepers über dieses wundersame Detail, das dem Auge ja zunächst verborgen bleibt. Hier kommt das Fühlen, das Betasten ins Spiel. Und dazu lädt das kleine Flauschetier geradezu ein.

Es ist auch ein Beispiel dafür, dass es im Klingenmuseum nicht nur um Schwerter, Bestecke und Co. geht. Denn die zahlreichen Ausstellungen der letzten Jahrzehnte nähern sich oft von interessanten Randbereichen dem Thema und leuchten es stets spannend aus. Da geht es mal anhand des Brieföffners um Schreibkultur, die Schere rückt ganz eigenständig in den Mittelpunkt bei mehreren Ausstellungen zu Thema Scherenschnitt, und den Kindern beizubringende Esskultur bei Tisch stand war Schwerpunkt der Schau "Schmatz nicht". Daneben steht natürlich auch Besteckdesign im Mittelpunkt. Hier beherbergt das Klingenmuseum seit 2006 auch den Nachlass der international renommierten Besteckfirma Pott, die 1904 gegründet wurde. Hierzu hat nun Barbara Grotkamp-Schepers neu einen kommentierten Bestandskatalog herausgegeben, den Antoinette Lepper-Binnewerg geschrieben hat. Die beiden Bände auf Deutsch und Englisch sind im Klingenmuseum erhältlich.

"Mit den Lieblingsstücken ist das ja so eine Sache", sagt die Museumschefin. "Wenn ich nächste Woche danach gefragt werde, ist es vielleicht schon wieder ein anderes." Dann könnte es auch ein italienischer Degen aus der Zeit um 1550 sein. "Das ist ein singuläres Stück, keine Standardwaffe, mit einem tollen Eisenschnitt mit Goldeinlagen." Seit 1961 befindet sich dieses Stück, das sich durch Feinheit und Perfektion auszeichnet, in der Sammlung des Klingenmuseums. "Es ist funktional und hochästhetisch. Und man sieht dem Degen auch an, dass das Schwert nicht lange tot ist." Denn trotz aller Feinheiten hat diese Blankwaffe durchaus noch robuste Züge. Dieser Degen wird eines der Stücke sein, die in einer Ausstellung ab dem 19. September gezeigt werden. Hier dreht sich alles um den 60. Geburtstag des Klingenmuseums. Dann werden wenige Stücke aus den Beständen des Museums gezeigt - aber in aufwändiger Präsentation. Grotkamp-Schepers: "Das sind Schätze, die wir ans Licht holen werden." Neun Exponate wird es geben. Diese werden aber von zahlreichen Detailfotos ergänzt, die den Blick auf die filigranen Einzelheiten lenken. Ein besonderer Schatz bleibt aber jener Stoff-Storch, der seinen angewachsenen Löffel einfach nicht abgeben kann.

(crm)
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