Solingen Manche Plagiate sind lebensgefährlich

Solingen · Fälscher werden immer dreister. Unter den neuen Plagiarius-Preisträgern ist auch ein Beatmungsgerät.

Wer ein gefälschtes Parfum von Jean Paul Gautier kauft, ärgert sich im Zweifel nur darüber, dass es schlecht riecht. Für Patienten, die mit einem nachgemachten Notfall-Beatmungsgerät behandelt werden, kann das lebensbedrohliche Folgen haben. Seit Jahren bemüht sich die Aktion Plagiarius, mit der Verleihung des Negativpreises Fälschungen und Plagiate in den Focus zu rücken. So auch in diesem Jahr, als auf der Frankfurter Messe Ambiente die Preisträger verkündet wurden, unter denen sich Parfum und Beatmungsgerät gleichermaßen befanden. Alle Preisträger sind ab sofort im Museum Plagiarius an der Bahnhofstraße im Südpark zu besichtigen.

Besonders oft und gerne kopiert werden die Produkte des weltweit bekannten Solinger Unternehmens Zweibrüder Optoelectronics. So ist auch in diesem Jahr die Fälschung der LED-Taschenlampe "Led Lenser P 7.2" unter den Preisträgern, die aus 41 Einsendungen von einer Fachjury ausgewählt wurden. "Es geht immer schneller mit den Plagiaten", weiß Heinz Neumann von Zweibrüder. "Wir haben unsere P 7, die beinahe der gesamten deutschen Polizei benutzt wird, mit viel Herzblut verbessert und die Version P 7.2 auf den Markt gebracht, und innerhalb von drei Monaten ist auch die schon wieder kopiert," so Neumann, "die Fälscher haben ganz billige Gummi verwendet mit fürchterlichen Weichmachern, die bei uns gar nicht erlaubt sind." Die Firma ist kaum in der Lage, ihre Kunden davor zu schützen, dass sie den gut gemachten Fälschungen aufsitzen. Sogar die Website des Ohligser Unternehmens wurde 1 : 1 kopiert, so dass mancher Kunde in den Glauben sein kann, er kaufe das Original zu einem günstigeren Preis. Über ein aufwändiges Registrierungssystem will Zweibrüder versuchen, seine Kunden vor Fälschungen zu schützen.

Fälscher sitzen dabei nicht nur in Fernost, sondern manchmal nur wenige Kilometer von der Ursprungsfirma entfernt. Und auch prominente Namen sind unter den Fälschern. So hat die Firma Rosenthal eine Serie von Porzellan-Engeln der Firma Wunasia kopiert. "Einsicht besteht nicht, die Firma streitet ab, kopiert zu haben", sagt Christine Lacroix. Die Aussage: Rosenthal kopiert nicht, Rosenthal wird kopiert", wurde von der Plagiarius-Jury mit den Worten, "das strotzt vor Arroganz", kommentiert.

Neu vergeben wurde in diesem Jahr erstmals der Sonderpreis Oscarius. Er geht an eine Firma in indischen Chennai, die Erklär-Videos der Firma "simpleshow" aus dem Internet kopiert und als eigene ausgegeben hat. Die Plagiatoren griffen nicht nur das Know-how der Firma ab, sie rühmten sich auch mit deren prominenten Kunden wie Audi oder der ManpowerGroup.

Während ein gefälschtes Parfum lediglich schlecht riecht, kann das in China gefälschte Beatmungsgerät Medumat Easy und Medumat Transport der Hamburger Firma Weimann durch ungenaue Sauerstoffzufuhr zu lebensgefährlichen Komplikationen führen.

(RP)
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