Solinger Köpfe (3) Michael Lesch "Meiner Frau verdanke ich mein Leben"

Solingen · Auf eine Partie Golf mit Michael Lesch: Carsten Lohausen befragt den Schauspieler und gebürtigen Solinger zwischen Abschlag und Putten.

Seit Jahrzehnten spielt Michael Lesch Charakterrollen im Fernsehen und auf der Theaterbühne. Serien wie "Der Fahnder", "Ein Heim für Tiere" oder "Freunde fürs Leben" machten ihn zum Publikumsliebling. Carsten Lohausen trifft den gebürtigen Solinger auf dessen Heimat-Golfplatz Velderhof im Westen Kölns. Die beiden spielen Matchplay, eine Spielform, in der jedes Loch einzeln zwischen den Gegnern ausgespielt wird. Los geht es auf Bahn 1: Beide Abschläge sind etwas rechts vom Fairway liegen geblieben. Michael Lesch hat die schwierigere Lage, bringt den zweiten Ball aber kurz vor das Grün. Carsten Lohausen schlägt ein wenig zu weit, und der Ball bleibt etwas rechts vom Grün zehn Meter von der Fahne liegen. Lohausen ist im Vorteil, spielt aber drei Putts, und beide teilen sich das erste Loch.

Was ist eigentlich ein Hole-in-One?

Lesch Bei einem Hole-in-One spielen Sie einen Golfball mit einem Schlag ins Loch, das einen Durchmesser von zehn Zentimeter hat. Das ist mir bis jetzt zweimal gelungen. Einmal am Geburtstag meiner Frau auf einem wunderschönen Platz in Cancun/Mexiko.

Was war Ihr niedrigster Score?

Lesch Eine Par-Runde. 72 Schläge!

Mit wem möchten Sie mal eine Runde Golf spielen?

Lesch Sharon Stone! Meine Frau weiß das.

Wann haben Sie Ihre Golfleidenschaft entdeckt?

Lesch Vor 25 Jahren auf Mallorca. Ich fand mich auf einer Driving-Range wieder, wo mich ein älterer Herr mit einer Zigarre im Mund ansprach und fragte, ob ich mal Unterricht gehabt hätte oder mir vorstellen könnte mal eine Stunde zu nehmen. Es war ein amerikanischer Golflehrer, der im Winter in Deutschland und im Sommer auf Mallorca arbeitete. Bei unserer ersten Stunde traf ich dann einen Schlag mit einem Eisen 7 perfekt 130 Meter weit und war somit infiziert. Seitdem kann ich sagen, es gibt nicht Schöneres als Golf.

Sie haben aber auch mal Fußball gespielt. Welche Position?

Lesch Begonnen habe ich als Mittelstürmer. Später dann offensiver Mittelfeldspieler, was man heute als 10er bezeichnet. Da ich beidfüßig war, konnte ich ganz gut die Bälle in die Spitze spielen.

Und es gibt eine Sammel-Leidenschaft.

Lesch Ich sammele Schachpartien. Schach habe ich im Mumms gelernt von den Spielern der zweiten Mannschaft der Solinger SG von 1868. Mit großer Leidenschaft spiele ich die von Dr. Helmut Pfleger in einer großen deutschen Tageszeitung veröffentlichten Partien nach.

Spielte Ihr Vater auch Schach?

Lesch Er war auch schachbegeistert. Das gab bei uns zu Hause den ersten großen Knatsch, als ich begann, gegen ihn zu gewinnen. Mein Vater konnte gar nicht gut verlieren.

Was machten Ihre Eltern beruflich?

Lesch Mein Vater war Geschäftsführer von Alcoso, einer Stahlwarenfirma. Meine Mutter hat halbtags dort ebenfalls mitgearbeitet.

Was stellte das Alcoso-Werk Ihres Vaters genau her?

Lesch Im Werk arbeiteten ungefähr 60 Mitarbeiter, die zwei Dinge herstellten: Einmal Handhaarschneidemaschinen. Der Absatzmarkt war der Nahe Osten. Frauen durften dem Koran nach nicht behaart sein. Und da es auf den Dörfern oftmals keinen Strom gab, lieferten wir die Handhaarschneidemaschinen. Und dann Schafschurmesser, die den Schäfern in Australien und Neuseeland dazu dienten, möglichst lange mit einem Messer die Schafe zu scheren.

Leben Ihre Eltern noch?

Lesch Nein, mein Vater ist vor rund 16 Jahren verstorben und meine Mutter vor drei Jahren.

Wann und wo sind Sie in Solingen geboren?

Lesch Am 18.10.1956 per Kaiserschnitt in den Städtischen Kliniken.

Wie lange haben Sie in der Stadt gewohnt?

Lesch Bis 1976. Mit Beginn des Sommersemesters bin ich dann nach München an die Schauspielschule gegangen.

Welche Schulen haben Sie besucht?

Lesch Ich habe die Volksschule in der Luisenstraße besucht, und danach konnte ich aufgrund meiner schulischen Leistungen in die Sexta des Gymnasiums Schwertstraße wechseln. Und dort habe ich dann mit einer Ehrenrunde in der Obersekunda 1976 mein Abitur gemacht.

Was waren Ihre Lieblingsfächer?

Lesch Mein Lieblingsfach war Sport. Im Handball und Fußball waren meine Leistungen sehr gut. Schon früh habe ich Fußball als Leistungssport betrieben, bis ich als A-Jugendlicher bei Fortuna Düsseldorf wegen einer Bandscheibenschwäche aufhören musste.

Wie war Ihr Abiturschnitt?

Lesch Ich war ein befriedigender Schüler mit Schwächen in Mathe und Physik. Ausgleichen konnte ich das über gute Englisch- und Deutschnoten. Es müsste alles in allem eine 3,2 gewesen sein.

Gab es Ferienjobs?

Lesch Ich habe immer für drei Wochen im Alcoso-Werk Akkord gearbeitet. Vorteile für den Sohn vom Direktor gab es da nicht. Das war mir auch ganz lieb. Es war ein knochenharter Job, Haarschneidemaschinen zu packen, aber ich hatte auch ein großes Ziel, nämlich vom verdienten Geld mein erstes Motorrad zu kaufen.

Und, hat's geklappt?

Lesch Ja! Die BMW R 90 S war mein ganzer Stolz. Ich wollte bis zum Nordkap fahren, aber als ich merkte, dass der Sommer in Schweden schon zu Ende war, bin ich umgedreht und nach Südfrankreich gefahren. Dort traf ich einen Südafrikaner, der mich nach London einlud. Dort haben wir es dann so richtig krachen lassen und das pulsierende Leben genossen. Motorrad fahren war einfach mein Leben, und die Freiheit in allen Lebenslagen konnte man damals noch unbeschwert auskosten.

Was ist Ihr Lieblingsplatz in Solingen?

Lesch Mein Lieblingsplatz war eigentlich das Mumms. Dort habe ich schon während meiner Schulzeit oft und gerne hinter dem Tresen gestanden und gearbeitet.

Was war der schönste Tag oder Moment für Sie in Solingen?

Lesch Der schönste Tag war für mich, als ich mein Abitur in der Tasche hatte und einen großen Auftritt zur Abiturfeier hinlegte. Alle Abiturienten sollten förmlich in Kostüm oder Anzug erscheinen, und ich nahm mir die Freiheit, mit meinem Motorrad in Ledermontur direkt auf den Schulhof zu fahren. Die Art und Weise wie dies geschah, in Verbindung mit der unglaublich gut aussehenden, blonden Frau auf meinem Sozius, war ein großer Spaß.

Wann hatten Sie zuletzt beruflich in Solingen zu tun?

Lesch In der "Todesfalle" habe ich im Stadttheater im letzten Jahr die Hauptrolle gespielt.

Engagieren Sie sich auf irgendeine Weise noch für ihre Heimat?

Lesch Ja, da ich mich meiner Heimatstadt verbunden fühle, habe ich meinen Namen für eine Spendenaktion zu Verfügung gestellt, die dem Botanischen Garten dieses Jahr 17.000 Euro eingebracht hat.

Was war der erste Kinofilm, den sie sahen — sicher lange bevor die Schauspieler-Karriere begann?

Lesch Im Residenz-Kino habe ich "Easy Rider" mit Fonda, Hopper und Nicholson gesehen. Das war im Jahr 1969, und mit meinen 13 Jahren durfte ich da eigentlich noch nicht rein, weil der Film ab 16 Jahren freigegeben war. In einer Szene wirft Peter Fonda seine Uhr weg, was mich dazu veranlasst hatte, sobald die Vorstellung vorbei war, meine Armbanduhr in hohem Bogen von mir zu werfen. Bestimmt vier Jahre lang lief ich dann ohne Uhr herum, bis mir deren Bedeutung wieder bewusster wurde.

Was ist Ihr Lieblingsfilm?

Lesch Da ich ein Romantiker bin, liebe ich Filme wie "Casablanca", "Jenseits von Afrika" oder "Australia" mit Nicole Kidman und Hugh Jackman, witzige Action wie "Stirb langsam" mit Bruce Willis fasziniert mich aber ebenso wie der späte Robert de Niro, der ja jetzt auch mehr und mehr seine komischen Saiten zeigen kann.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Lesch "Du hat keine Chance, aber nutze sie!" — das ist nicht von mir, sondern von Herbert Achternbusch. Es sagt ein bisschen was über mich aus. Ich habe bisher, auch nach 27 Operationen, niemals aufgegeben. Mit neun Jahren schon habe ich die Letzte Ölung bekommen, als ich in den Städtischen Kliniken mit einem durchgebrochenen Blinddarm und anschließender Bauchhöhlenvereiterung lag und in letzter Sekunde gerettet werden konnte.

Wem haben Sie in Ihrem Leben am meisten zu verdanken?

Lesch An erster Stelle kommt natürlich meine Frau, ohne die ich die Zeit meiner Krankheit weder gemeistert noch überlebt hätte. Ich verdanke meiner Frau sozusagen mein Leben. Der andere Mensch ist mein damaliger Schauspiellehrer Fred York, der mich prägte, indem er mich auf Disziplin, Verantwortung, Fleiß und Demut hinwies. Damals hat er mir eines unmissverständlich klar gemacht: Eine professionelle Einstellung ist das A und O in unserem Beruf.

Wann und wo haben Sie Ihre Frau kennengelernt?

Lesch Meine Frau hat mich kennengelernt. Am 17. Dezember 1991. Sie hat mich in eine elende Falle gelockt. Im Restaurant "Benedens" in der Waitzstraße in Berlin in der Nähe des Kudamms. Ihre Mutter hatte ihr empfohlen, einen Millionär zu heiraten. Sie war gerade am Bügeln und meinte, dass ihr kein Millionär gefiele, wohl aber der, der gerade im Fernsehen bei "Ein Heim für Tiere" zu sehen war.

Wie ging es weiter?

Lesch Sie hat mich über eine befreundete Journalistin ausfindig gemacht und in dieses Restaurant gelockt. Ich weiß das noch wie heute: Ich bin durch diese Türe, sah sie, und habe mich unsterblich in sie verliebt. Das war Liebe auf den ersten Blick. Es ist an diesem Abend nur zu einem flüchtigen Kuss gekommen, den sie mir verabreicht hat. Der hat mich aber derart narkotisiert, dass wir jetzt seit 22 Jahren zusammen sind.

Was war Ihr größter Erfolg?

Lech Mein größter Erfolg war, den Krebs besiegt zu haben. Es ging um Leben und Tod, und das hätte ich ohne meine Frau nicht geschafft. Beruflich war für mich "Der Fahnder" die liebste Rolle, weil ich das Klischee des kitteltragenden Arztes einmal loswerden konnte.

Sie kommen viel rum. Welche ist die schönste Stadt der Welt?

Lesch Ich schwanke zwischen Rom und Wien. Wien ist mit seinen historischen Gebäuden ein Traum. Ich liebe die Wiener Schmäh. Und es gibt keine eleganteren Menschen als die Römer.

Über wen oder was lachen Sie am Liebsten?

Lesch Gerne über meine Blondine im Haus. Dann ist natürlich generell Humor dabei hilfreich, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen und so den Widrigkeiten des Lebens zu begegnen.

Welche Eigenschaft schätzen sie bei anderen am meisten?

Lesch Ehrlichkeit!

Was ist für Sie Luxus?

Lesch Ich empfinde es als Luxus, die alltäglichen Dinge des Lebens, besonders mit meiner Frau, zu genießen. Meine größte Schwäche sind nach wie vor Autos. Schnelle Sportwagen aus Deutschland oder Italien lassen mein Herz jederzeit höher schlagen. Ich bin immer gerne schnell gefahren, habe aber keine Punkte in Flensburg.

Wer oder was kann Sie beeindrucken?

Lesch Menschen mit Rückgrat.

Was verabscheuen Sie?

Lesch Unehrlichkeit!

Welches Wort hassen Sie?

LEsch: "Poilitical Correctness."

Bahn 16. Lohausens Abschlag landet auf dem Paar 3 vor einem Baumstamm im Rough, und er bekommt den Ball erst mit dem zweiten Schlag weg. Der Ball schlägt auf im Bunker, so dass Lohausen sieben Schläge benötigt. Lesch nutzt das routiniert zur Bogey-4 und kann jetzt auf den letzten beiden Löchern nicht mehr eingeholt werden. Handschlag, Glückwunsch zum 3 auf 2 Sieg für den Mann mit 7er Handicap! Am Ende stehen Leschs 84 Schlägen 92 von Lohausen gegenüber.

Wenn der Himmel existiert, was möchten Sie von Gott hören, wenn Sie an die Pforte treten?

Lesch Wir haben keinen Platz für Golf-Hacker! Du gehst in die Hölle. (lacht)

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort