Solingen Millionenloch beim Solinger Jugendamt

Solingen · Das Stadt-Defizit 2017 erhöht sich um 3,7 Millionen Euro, da sich im Stadtdienst Jugend nicht abgeschlossene "Altfälle" zu einer finanziellen "Bugwelle" auftürmten. Das Rathaus hat inzwischen gegengesteuert, um dies in Zukunft zu vermeiden.

 Dezernentin Dagmar Becker strukturierte in den vergangenen Wochen den Stadtdienst Jugend um.

Dezernentin Dagmar Becker strukturierte in den vergangenen Wochen den Stadtdienst Jugend um.

Foto: mak (Archiv)

Geraten Kinder und Jugendliche in ihren Familien in Not, ist oftmals schnelles Handeln angesagt. Auch deshalb gibt die Stadt Solingen jedes Jahr einen Betrag in Millionenhöhe aus, um die Kosten für Heimunterbringungen sowie für andere Erziehungshilfen zu stemmen. Doch anscheinend konnte die Buchhaltung im zuständigen Stadtdienst Jugend mit dem Tempo der sozialarbeiterischen Maßnahmen in der Vergangenheit nicht immer standhalten. Denn wie das Rathaus gestern mitteilte, ist im Jugendamt zuletzt ein finanzielles Loch entstanden, das nun gestopft werden muss.

Aus diesem Grund soll der Stadtrat bei seiner nächsten Sitzung am 30. November einer zusätzlichen Ausgabe in Höhe von elf Millionen Euro zustimmen. Wobei unter dem Strich nur 3,7 Millionen Euro für das laufende Haushaltsjahr 2017 benötigt werden, da neben offenen Rechnungen auch Forderungen in Form von Erstattungen bestehen, die sich laut Stadt ihrerseits auf einen Betrag von sieben Millionen Euro summieren.

Wie es am Mittwoch aus dem Rathaus hieß, hatten sich "unbearbeitete Vorgänge aus den Vorjahren" in der Zwischenzeit zu einer regelrechten "Bugwelle" aufgetürmt, die von der städtischen Jugendhilfe vor sich her geschoben wurde. Was wiederum dazu führte, dass die Verantwortlichen der Verwaltung schon vor einigen Monaten aktiv wurden, um das millionenschwere Problem dauerhaft in den Griff zu bekommen.

So machten sich die zuständige Dezernentin Dagmar Becker (Grüne) sowie der neue Leiter des Stadtdienstes Jugend, Rüdiger Mann, nach den Sommerfeien daran, Umstrukturierungen im Jugendamt auf den Weg zu bringen. Das Ziel war, die seit geraumer Zeit davongaloppierenden Kosten vor allem bei den Hilfen zur Erziehung zu deckeln. Denn immerhin waren allein diese zwischen den Jahren 2015 und 2016 um 7,5 Millionen Euro auf 34 Millionen Euro nach oben geschossen - und damit mithin auf etwa ein Drittel jenes 100-Millionen-Euro-Gesamtetats gestiegen, der dem Jugendamt pro Jahr zur Verfügung steht.

Der Restrukturierungsprozess, bei dem das nun bekannt gewordene Defizit auffiel, ist mittlerweile mit einer Umorganisation abgeschlossen. "Wir haben den Stadtdienst neu aufgestellt und das Finanzcontrolling verstärkt", sagte Dezernentin Becker, die betonte, die Stadt sei fortan in der Lage, "sehr zeitnah Aussagen über den Stand der Finanzen zu machen". Dagmar Becker: "Das Problem ist jetzt abgestellt."

Im Klartext bedeutet dies, dass sich das städtische Defizit für 2017 um die besagten 3,7 Millionen erhöht, was angesichts der zuletzt positiven Entwicklung des kommunalen Gesamt-Minus für das Jahr zwar schmerzlich ist, aber nach allgemeinem Dafürhalten verkraftbar erscheint.

Um in den Folgejahren kein zweites Mal böse überrascht zu werden, sollen zukünftig, also ab 2018, Rückstellungen gebildet werden, damit der dann anstehende ausgeglichene Haushalt nicht gefährdet wird. Tatsächlich stünden nämlich in einem solchen Fall die Landeszuschüsse aus dem Stärkungspakt auf der Kippe - weswegen aus der Politik gestern wiederholt Forderungen nach einer Erneuerung der Rathaus-IT formuliert wurden.

"Dagmar Becker und die Mitarbeiter im Jugendamt leisten gute Arbeit", unterstrich in diesem Zusammenhang Daniel Flemm als Sprecher der CDU im Finanzausschuss. Und auch Achim Fritsche, jugendpolitischer Sprecher der SPD, lobte die Verwaltung. Die Mehrausgaben seien zwar "ärgerlich, aber nicht zu ändern", so Fritsche, der der Stadtspitze eine "zügige und umfassende" Reaktion attestierte.

Parallel, so CDU-Mann Flemm, zeige die Differenz zwischen Fachcontrolling und Finanzcontrolling aber auch, dass die 2019 vorgesehene Umstellung der IT-Technik im Stadtdienst Jugend überfällig sei. Schließlich seien bereits im März Probleme aufgetaucht, die zunächst ausgestanden schienen. Dass nun noch einmal ein Loch zur Rede stehe, mache den Handlungsbedarf deutlich. Daniel Flemm: "Gerade im sozialpolitischen Bereich muss finanzielle Sicherheit gegeben sein."

(or)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort