Solingen Missbrauch: Berufung am Landgericht verworfen

Solingen · Die Vorsitzende Richterin wollte dem Mann, der gestern vor der siebten kleinen Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts angeklagt war, zumindest noch eines mit auf den Weg geben: "Er soll sich gut überlegen, ob er etwas gegen die Verwerfung seiner Berufung unternimmt", mahnte sie in Richtung des Anwalts des Angeklagten – denn der Mann selbst war zu seinem eigenen Berufungsverfahren unentschuldigt nicht erschienen. "Damit wird die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil vom 24. Juli 2009 verworfen", so die Vorsitzende.

Wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes hatte das Schöffengericht den Mann damals in erster Instanz zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, gegen die sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatten (wir berichteten).

Der Richter sah es als erwiesen an, dass sich der Mittfünfziger Mitte der 80er Jahre an dem damals vier Jahre alten Sohn seiner Lebensgefährtin vergangen hat. Und auch die Vorsitzende Richterin im Berufungsverfahren machte gestern Morgen ihre Position deutlich: "Es finden sich vielerlei Hinweise auf eine Reihe von Übergriffen", betonte sie und verwies auch auf eine im Vorstrafenregister des Mannes bereits getilgte Verurteilung wegen des Missbrauchs seiner eigenen Nichte.

"Der Aktenlage nach ist dies eine Berufung, die nicht zu einem Erfolg führen wird und bei der wir nicht zu einer Feststellung kommen werden, die besser klingt als das Urteil des Amtsgerichts." Im Gegenteil: "Es ist möglich, dass sich der Angeklagte damit eher schlechter stellt, beim Strafmaß ist nach oben hin Luft bis hin zu vier Jahren." Dem Missbrauchsopfer selbst, dem eine Gutachterin im ersten Verfahren Glaubwürdigkeit bescheinigt hatte, wird all das nicht helfen: Bereits seit Jahren ist der junge Mann, der nach zerrütteten Familienverhältnissen und Aufenthalten in Pflegefamilien und Heimen nie wieder festen Boden unter die Füße bekam, schwer drogenabhängig und verbüßt derzeit eine Haftstrafe wegen eines Einbruchdiebstahls. Der Staatsanwalt hat seine Berufung zurückgenommen.

(RP)
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