Solingen Mit dem Rollstuhl ins Theater

Solingen · Studentinnen der TU Dortmund untersuchten gestern das Theater und Konzerthaus mit Blick auf die Barrierefreiheit.

Die Stufe wird über eine kleine Rampe überwunden. Sie ist breit genug, damit Klaus Tschense einigermaßen problemlos ins Theater und Konzerthaus einfahren kann. Der Einlass über den Haupteingang bringt Tschense, der seit 1999 auf den Rollstuhl angewiesen ist, aber nicht wirklich weiter: Denn die Eingänge fürs Theater und den Konzertsaal liegen eine Etage höher und sind bislang nur über Treppen zu erreichen. "So weit es geht, benutze ich die normalen Eingänge", sagt Klaus Tschense.

Mit dem Lastenaufzug, den die Mitarbeiter nutzen, um Theaterutensilien zu befördern, könnte er eine Etage höher kommen, oder aber den Eingang am früheren Theater-Restaurant benutzen. "Oben müsste extra geöffnet werden, und mit dem Lastenaufzug zu fahren, ist immer irgendwie ein Abenteuer", sagt der frühere Turnier-Tänzer. Müsste er die Barrierefreiheit im Theater und Konzerthaus auf einer Skala von 1 (schlecht) bis 10 (sehr gut) bewerten, würde Klaus Tschense gleichwohl immer noch eine 5 vergeben: "Ich bin flexibel, und bei der Barrierefreiheit kommt es ja auch immer auf das Alter des Gebäudes an."

Klar ist, außerhalb der gewohnten Umgebung können Barrieren für Menschen mit Behinderungen zu einem großen Problem werden. Gemeinsam mit der Agentur Barrierefrei NRW, Freiwilligen der Behinderten-Selbsthilfe und Studierenden der TU Dortmund unterzieht sich die Stadt Solingen derzeit aber freiwillig einer Überprüfung insbesondere öffentlicher Gebäude, wie es dort um die Barrierefreiheit bestellt ist.

Der Rathausplatz, die Bergische VHS, die Stadtbibliothek, die Bürgerbüros Mitte, Höhscheid und Ohligs wurden bereits begutachtet - gestern wurde nun das Theater und Konzerthaus unter die Lupe genommen. "Wir wollen die so gesammelten Daten dann nutzen, um zu sehen, wo wir uns verbessern können", sagt Stefan Grohé vom Stadtdienst Soziales. Er weiß aber, dass die "Herstellung der Barrierefreiheit im Bestand eine große Aufgabe und nicht von jetzt auf gleich zu lösen ist".

Ausgerüstet mit Fotoapparat, Wasserwaage und Messgerät sowie Fragebögen begutachteten Laura Klaus und Lisa Reinertz von der Dortmunder Hochschule gestern das 1963 errichtete Theater und Konzerthaus. "Sämtliche Zugänge, der Weg vom Parkplatz zum Gebäude, Zugänge zu den Toiletten oder zu den Sälen werden in Augenschein genommen und von uns bewertet", sagt Laura Klaus.

Bliebe es allein bei der Rampe am Haupteingang, wäre das "viel zu wenig" in Sachen Barrierefreiheit, sagt Laura Klaus, die in Dortmund Rehabilitations-Pädagogik studiert, noch vor der Begehung. Immerhin ist im Innenhof des Theaters ein Aufzug geplant. Der soll noch in diesem Jahr eingebaut werden und würde es nicht nur Klaus Tschense, sondern auch vielen anderen Gehbehinderten erleichtern, selbstständig nach oben ins Theater zu gelangen. Auf Hilfe angewiesen ist Rollstuhlfahrer Tschense aber bei der Fahrt mit dem Bus zum Theater. "Ich nutze die Linien 681 oder 682. Jeder zweite Bus soll mit einer Rampe ausgerüstet sein, die aber vom Busfahrer stets per Hand aus- oder eingefahren werden muss", erzählt Klaus Tschense.

Einmal im Theater angekommen, stehen Rollstuhlfahrern bei entsprechender Vorbestellung sechs Plätze in den Reihen fünf und 18 zur Verfügung, weitere sechs Plätze sind dort Begleitpersonen vorbehalten. "Wir könnten in Reihe 18 noch mehr Plätze schaffen, dafür ist die Nachfrage aktuell aber noch nicht so groß", sagt Hans Knopper, Leiter des Kulturmanagements. Er geht aber davon aus, dass sich dies in Zukunft ändern wird.

(uwv)
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