Solingen Mit Technik länger selbstbestimmt leben

Solingen · Seit Januar gibt es in Solingen eine Beratungsstelle "Technik im Alter", die über Assistenzsysteme für Senioren informiert.

Von weitem sieht es aus wie ein Waffeleisen, aber in dem flachen weißen Gerät steckt mehr Technik, als man es auf den ersten Blick erwartet. Der weiße Gegenstand ist ein automatischer Tablettenspender. Er weiß genau, wann ein Patient welche Tabelle zu nehmen hat. Sobald es so weit ist, schlägt der Alarm. Ist die Pille entnommen, schickt das Gerät auf Wunsch sogar eine SMS auf das Handy eines Angehörigen.

Der automatische Pillenspender ist eines der Geräte, die sich seit Januar in den Händen von Nina Efker und Cathrin Trümper befinden. Seit Anfang Januar arbeiten sie in der Beratungsstelle "Technik und Alter" der Stadt Solingen. Dort informieren sie kostenlos über technische Hilfsmittel, die es Senioren ermöglichen, ihren Alltag alleine zu meistern. "Es gibt Unmengen an technischen Hilfsmitteln, aber keiner kennt sie", sagt Trümper. Das soll sich bald ändern. "Wir wollen Angebot und Nachfrage zusammenbringen", sagt Efker.

Die Projektlaufzeit der Beratungsstelle beträgt zwei Jahre. In dieser Zeit soll in Solingen ein Netzwerk entstehen. "Es gibt nur wenige Gewerbetreibende, die die Hilfen im Programm haben. Das wollen wir ändern", sagt Efker. Dazu gehört es, in Erfahrung zu bringen, welche der Hilfen die Senioren wirklich benötigen und diese Informationen an das produzierende Gewerbe weiterzuleiten. "Wir wollen die Wünsche der Leute erfahren, um dann Rückmeldung an die Hersteller geben zu können, damit auch die Dinge auf den Markt kommen, die die Leute wirklich gebrauchen können." Der Austausch mit allen beteiligten Gruppen ist somit ein Arbeitsschwerpunkt der Beratungsstelle.

Das große Problem im Bereich der technischen Hilfen im Alter ist, dass es bislang keinen Markt dafür gibt. Deswegen werden die Assistenzsysteme von Senioren bislang auch kaum in Anspruch genommen, obwohl sie zum Beispiel dazu beitragen könnten, dass Senioren in den eigenen vier Wänden altern können, statt ins Altenheim umzuziehen.

Auch für die Wirtschaft könnten die sogenannten technischen Assistenzsysteme in Zukunft zu einem wichtigen Geschäftszweig werden. Das Stichwort ist der demografische Wandel. Nach den aktuellen Berechnungen ist die Hälfte aller Deutschen im Jahr 2035 über 50 Jahre alt. Das verdeutlicht, wie groß der Bedarf in Zukunft sein könnte.

Die Palette der technischen Möglichkeiten ist groß. Neben den eher simpleren Hilfsmitteln, wie eine Lampe, die mit einer Fernbedienung bedienbar ist, gibt es auch Hilfen, die Unfälle vorbeugen sollen. Eine davon ist eine sensorische Fußmatte, die, sobald ein Patient aus seinem Bett aufsteht, ein Signal an einen Angehörigen oder eine Pflegeperson sendet. So kann der Person direkt nach dem Aufstehen geholfen werden, um einen möglichen Sturz zu verhindern.

Ein anderes Beispiel ist ein GPS-Sender, der Menschen auffindbar macht, falls sie sich bei einem Spaziergang verlaufen. Dieses System ist auch unter dem Namen "Geo-Care" bekannt. "Hierbei gibt es noch große Bedenken bezüglich des Datenschutzes", sagt Efker. "Viele fürchten sich vor totaler Überwachung." Auch mit dieser Fragestellung beschäftigt sich die Beratungsstelle.

Von den älteren Menschen werden die Angebote bislang ganz unterschiedlich angenommen. "Die einen äußern Vorbehalte, andere zeigen sich ganz aufgeschlossen und nehmen die Angebote gerne wahr." Unter anderem im Senioren-Beirat haben die beiden Frauen die technischen Hilfen präsentiert. "Die Anregungen, die wir bekommen haben, waren sehr aufschlussreich", sagt Efker. Die Kommunikation mit den Zielgruppen ist ein Kernpunkt ihrer zukünftigen Arbeit. Dazu gehören auch die Angehörigen. Denn oft drängen die auf die Anschaffung von Produkten wie dem automatischen Pillenspender oder den GPS-Sender.

(RP)
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