Solingen Müllers Premiere führte ihn gleich ans Rednerpult

Solingen · Es ist eigentlich die Regel, dass der Redner bei der Zöppkesmahlzeit zumindest schon einmal im Kreis der 312 Gäste den launigen Worten eines Vorgängers gelauscht hat. Im Grunde genommen war es daher ein Wagnis, dass Philipp Müller gestern Abend ans Mikrofon getreten ist, ohne jemals die traditionsreiche Veranstaltung im Clemenssaal besucht zu haben.

Immerhin kann sich der Journalist, Gastronom und Kulturveranstalter darauf berufen, dass ein Familienmitglied bereits die illustre Männer-Runde unterhalten hat. Mutter Doris genießt das Alleinstellungsmerkmal in der 46-jährigen Geschichte der Zöppkesmahlzeit, die einzige Frau gewesen zu sein, die alleine eine Rede geschwungen hat. Im Jahr 1992 hat sie geplaudert zum Thema "Emanzen - es gab sie schon immer, oder ?"

Wer Philipp Müller kennt, weiß, dass er sich nicht scheut, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Daher war nicht davon auszugehen, dass sich der Satiriker bei seiner Zöppkesmahlzeit-Premiere schwer tun könnte. Der "Gesamt-Solinger aus Leidenschaft", wie Müller sich in seiner Rede bezeichnete, wagte eine humorvolle Analyse in Anlehnung an ein Werk des Philosophen Richard David Precht: "Was ist Solingen ? Und wenn ja, wie viele ?"

Zu Grunde gelegt hat der Journalist eine Feldstudie, die eine nicht näher bekannte Wissenschaftlergruppe auf sein Verlangen hin 2008 mit Einwohnern aus Wald, Grärath, Höhscheid, Burg, Ohligs und Alt-Solingen erstellt habe. "Diese Studie habe ich extra erneuern und vertiefen lassen." Mit Blick auf das (immer noch fehlende) Gemeinschaftsgefühl in der Klingenstadt bekam jeder Stadtteil sein Fett weg. "85 Prozent der Ohligser etwa glauben, dass ihr Stadtteil auf einer Scheibe liegt." Müllers Angaben zufolge wissen 78 Prozent der Gräfrather gar nicht, dass es andere Stadtteile gibt. Die Lacher hatte Philipp Müller bei seinen vielen lokalen Spitzen genauso auf seiner Seite wie später der "Bergische Jung" alias Willibert Pauels, der den Abend ausklingen ließ.

"Wir haben die Millionen-Grenzen geknackt", hatte Martin Idelberger, Marketing-Chef der Stadtsparkasse die Zöppkesmahlzeit eröffnet. Zu dem Erlös in Höhe von 971.000 Euro aus den ersten 45 Jahren gesellten sich 2016 weitere 35.000 Euro aus Spenden und Eintrittskarten für den Verein für Kinderstuben.

(gra)
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