Solingen Nachmittag mit heiterer Musik und ernsten Texten

Solingen · Im Atelier "Gleis 3" von Bärbel Ludwig herrscht gespannte Stille, als Martina Sprenger ihre Geschichte "Das neue Herz" vorliest. Der Vater des fünfjährigen Timo bekommt ein neues Herz und wundert sich, warum ihn sein Sohn nach der Operation nicht im Krankenhaus besuchen möchte, ja, warum er ihn überhaupt nicht mehr sehen will. Schließlich schleppt die Mutter den zappelnden Jungen ins Krankenhaus, wo sich herausstellt, vor was Timo so große Angst hat. "Wenn doch das alte Herz weg ist, kann Timo ja nicht mehr darin wohnen. Erinnert sich der Vater überhaupt noch an ihn?" Bewegend und einfühlsam schildert Martina Sprenger die Nöte einer Familie, die am Ende gestärkt aus dieser Krise hervorgeht. Das Publikum ist sichtlich gerührt.

 Für heitere Musik sorgten Susanne Lucas und Oliver Waitze bei der Benefizlesung im Atelier "Gleis 3".

Für heitere Musik sorgten Susanne Lucas und Oliver Waitze bei der Benefizlesung im Atelier "Gleis 3".

Foto: Stephan Köhlen

Martina Sprenger ist Mitglied der VHS-Schreibwerkstatt, die am Samstagnachmittag zu einer Benefizlesung zugunsten von "Stifte stiften", einem Projekt der evangelischen Kirche Solingen, einlud. Thomas Förster, Pressereferent des evangelischen Kirchenkreises, erzählte zunächst, worum es bei "Stifte stiften" geht, nämlich darum, Grundschul- und Förderschulkinder mit Schulmaterial zu unterstützen, die es sich nicht leisten können. "Die Kinder können nichts dafür, ob sie von Zuhause ausgestattet werden oder nicht", meinte Förster.

Das Projekt "Stifte stiften" ist zunehmend auf Spenden angewiesen, da auch die vielen Flüchtlingskinder mit Schulmaterialen versorgt werden müssen. Das Thema "Flucht" stand auch bei den Texten der zwölf Autoren im Mittelpunkt.

So widmete Gerald Schrage seine Geschichte den Flüchtlingen und Karla J. Butterfield begleitete in ihrem Kurztext "Ali", ein syrisches Flüchtlingskind bei einem Gang über den Weihnachtsmarkt. Als ein lauter Knall ertönt, flüchtet sich Ali in einen Hausflur und wirft sich auf den Boden. Der Text endet mit Alis Erkenntnis, was ihn von den Menschen hier unterscheidet. "Sie erschrecken nicht bei einem verfrühten Silvesterknaller. Ich schon."

Über die Angst, die sie als Kind während eines Bombenangriffs im Zweiten Weltkrieg durchlebte, schrieb Ingeborg Gotzmann eine bewegende Erinnerung. Um die Gegensätze von Not und Hoffnung ging es in Beate Kunischs Gedicht "Schwarz/Weiß". Flucht, Krieg, Anschläge, Trauer und Angst, aber auch Hoffnung, Liebe und Licht transportierten die dichten Texte der einzelnen Autoren.

Als heiterer Gegenpol trat das Duo "RetroTones" auf und spielte amerikanische Folk-Songs, wie "Railroad" oder "Come on up the House". Der ausdrucksstarke Gesang von Susanne Lucas und die schwungvolle Begleitung mit Gitarre und Banjo von Oliver Waitze lockerten die Atmosphäre im Atelier "Gleis 3" immer wieder auf.

Und in der Pause gab es selbst gemachte Leckereien. So gelang ein vielfältiger Nachmittag zugunsten der Schulkinder.

(sue)
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