Solingen Nicht bloß ein Blick 70 Jahre zurück

Solingen · Das Gedenken an die 71, am Wenzelnberg hingerichteten Menschen hatte 70 Jahre nach der Gräueltat zahlreiche Bezüge zur Gegenwart.

 Rund 250 Zuhörer waren zur Gedenkfeier an das Mahnmal Wenzelnberg gekommen. Die Gedenkfeier wurde von der Stadt Solingen ausgerichtet.

Rund 250 Zuhörer waren zur Gedenkfeier an das Mahnmal Wenzelnberg gekommen. Die Gedenkfeier wurde von der Stadt Solingen ausgerichtet.

Foto: Matzerath

Das Gedenken an das Wenzelnberg-Massaker könne niemals zur Routine werden, sagte Feith. Die 71 Männer starben am 13. April 1945, als alliierte Soldaten bereits an den Stadtgrenzen standen. Ein Trupp der Gestapo hatte Gefangene aus dem Remscheider Zuchthaus Lüttringhausen und aus Wuppertal abgeholt und auf Lastwagen zur Wenzelnbergschlucht gefahren. Im Sandboden war bereits Tage zuvor ein Massengrab ausgehoben worden. Zu zweit und mit Draht aneinandergefesselt mussten die Gefangenen von den Lkw steigen, niederknien und wurden durch Genickschüsse getötet. Anwohner berichteten später, Schreie und Schüsse seien mehr als eine ganze Stunde lang zu hören gewesen.

Die Gedenkfeier wurde von der Stadt Solingen ausgerichtet. Die Solinger Schülerinnen Ayca Iper und Bera Seri von der Projektgruppe "Pro Agenda/Contra Nazis" des Jugendstadtrates forderten dazu auf, den menschenfeindlichen Parolen von Pegida und Pro NRW eine entschiedene Absage zu erteilen. Es dürfe nicht länger jeder darauf warten, dass der andere anfange.

Günter Bischoff von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA) sagte, seit 2012 habe sich die Zahl rechtsradikaler Übergriffe versechsfacht. Er führte dies auf die angeblich ausgebliebene Aufarbeitung von Nazi-Diktatur und Faschismus in Deutschland zurück. Bischoff äußerte auch den Verdacht, die NSU habe nur deshalb zehn Jahre lang Zuwanderer ermorden können, weil die Täter Unterstützung auch durch Sicherheitsbehörden gehabt hätten. "So viele Fehler und Pannen bei der Verfolgung können kein Zufall sein." Ähnliches gelte für die Klärung des Anschlags auf das Münchener Oktoberfest im September 1980. Auch hierin sieht Bischoff nicht das Werk eines Einzeltäters, sondern einer Gruppe.

Zu den Gästen der Gedenkfeier gehörten Überlebende der Konzentrationslager von Auschwitz, Anna Stryzhkowa, und Majdanek, Volodymyr Leschinskij, sowie mit Anatolji Michailovitsch Rossacha der Sohn einer Zwangsarbeiterin aus Wuppertal. Der Verein "Spurensuche - NS-Geschichte in Wuppertal" hatte sie eingeladen. Das Blasorchester der Musikschule Solingen lieferte den musikalischen Rahmen.

(RP)
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