Interview: Martin Klebe Ohne Schulabschluss keine Perspektive

Solingen · Die Messe Forum Beruf geht am 30. September, 9 bis 16 Uhr, zum siebten Mal im Theater und Konzerthaus über die Bühne.

Die Arbeitsagentur ist von Anbeginn Mitveranstalter der Berufsinformationsmesse. Welche Erwartungen haben Sie für die siebte Auflage?

Klebe Im letzten Jahr waren knapp 3500 Jugendliche auf dem Forum, um sich über ihre beruflichen Zukunftsmöglichkeiten zu informieren. Dieses Jahr erwarten wir noch mehr Schülerinnen und Schüler. 122 Aussteller präsentieren sich und ihre Ausbildungsstellen dieses Jahr auf Forum Beruf. Die Schüler werden im Unterricht auf das Forum vorbereitet und suchen sich zwei Unternehmen ihrer Wahl aus, bei denen sie sich gezielt und vertieft informieren. Dieses Konzept macht die Veranstaltung für beide Seiten immer sehr erfolgreich.

Wie sollte die optimale Karriereplanung eines Jugendlichen aussehen und wann sollte er damit anfangen?

Klebe Ab der 8. Klasse sollten sich die Jugendlichen Gedanken um ihre Zukunft machen. Die Agentur für Arbeit steht den Schulen dabei unterstützend zur Seite. Unsere Berufsberater erarbeiten mit den Schülern Stärken, Schwächen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Interessen, zeigen den Jugendlichen auf, welche Berufe dazu passen. Wichtig ist es aber auch, Erfahrungen zu sammeln, auch wenn es noch nicht direkt im Traumberuf ist. Zu sehen, zu erleben und zu spüren wie es in dem ausgesuchten Berufsfeld zugeht, wie dort miteinander umgegangen wird, welche Anforderungen bestehen - das kann man alles erst richtig für sich begreifen, wenn man mal ein paar Tage im Alltag eines Betriebes mitgemacht hat. Praktika und Ferienjobs geben den Schülern einen guten Eindruck. Auf jeden Fall sollte der berufliche Weg in die Zukunft von den Eltern, Freunden, Bekannten und vor allem von unserer Berufsberatung begleitet werden. Wir haben die Spezialisten bei uns, die in allen Bereichen der Karriereplanung unterstützen können.

Welche Berufe haben aus heutiger Sicht besondere Zukunftschancen?

Klebe Wir entwickeln uns immer weiter hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Dazu kommt die demografische Entwicklung mit einer immer älter werdenden Gesellschaft. Schon heute spüren wir Engpässe in den Gesundheitsberufen und auch im Bereich der Erziehung. Berufe im elektrotechnischen Bereich, aber auch in der Umwelt und Ernährung haben mit Sicherheit sehr gute Zukunftschancen.

Sind die Jugendlichen im Bergischen immer noch auf einige wenige Ausbildungsberufe fixiert?

Klebe Ja, leider. Das kann man aber auch verstehen. Die Jugendlichen streben das an, was sie kennen - durch ihr Umfeld oder die Medien. Und dort sind bestimmte Berufe eben überrepräsentiert. Wichtig ist, dieses mit den Jugendlichen im persönlichen Gespräch mit den Berufsberatern zu besprechen. Dann können sich für die Schülerinnen und Schüler auch gedanklich neue Perspektiven eröffnen.

Am Angebot von Unternehmen, die betrieblichen Nachwuchs suchen, mangelt es nicht. Nutzen die Jugendlichen der neunten und zehnten Klassen das breite Angebot überhaupt?

Klebe Noch haben wir im bergischen Städtedreieck mehr Bewerber als Ausbildungsplatzangebote. Und trotzdem können nicht alle Stellen besetzt werden. Manche Berufe erscheinen den Jugendlichen heute zu unattraktiv, manche Betriebe haben vielleicht zu hohe Anforderungen an die Bewerber. Gerade für die schwächeren Schüler brauchen wir mehr ausbildungsbereite Unternehmen. Dort stehen wir den Betrieben mit ausbildungsbegleitenden Hilfen für die Azubis zur Seite.

Welche Perspektiven haben Jugendliche ohne Schulabschluss?

Klebe Mittel- und langfristig keine guten. Ohne Schulabschluss und dementsprechend ohne Ausbildung wird es für sie immer schwerer auf dem Arbeitsmarkt. Sogenannte Helferjobs werden immer weniger, da ist die spätere Arbeitslosigkeit fast schon programmiert. Aber auch für solche Jugendliche haben wir Programme und Unterstützungsmöglichkeiten, um den Schulabschluss und eine Ausbildung nachzuholen.

Oberstufenschüler können sich bei Forum Beruf über Studiengänge informieren. Sollte man für dieses Klientel nicht eine eigene Messe veranstalten?

Klebe Die Übergänge der beiden Systeme "Duale Ausbildung" und "Studium" verzahnen sich immer mehr. So gibt es mittlerweile auch das "Duale Studium", eine Mischung zwischen Studium und praxisorientierter Ausbildung. Es muss für Oberstufenschüler nicht immer nur das Studium sein. Deshalb ist es gut und gewollt, dass sich die Oberstufenschüler nicht nur über Studiengänge informieren können, sondern auch über andere Ausbildungswege, die genauso zum Ziel führen können.

UWE VETTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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