Solingen Publikum liebt die frechen Pointen op Platt

Solingen · Die Lüttringhauser Volksbühne führt Komödien in Mundart auf. Leiter Christian Wüsters setzt bei den Stücken auf Witz und Zeitgeist.

 Christian Wüsters, hier in den Sitzreihen der Freilichtbühne, schreibt die Stücke zunächst in Hochdeutsch.

Christian Wüsters, hier in den Sitzreihen der Freilichtbühne, schreibt die Stücke zunächst in Hochdeutsch.

Foto: Jürgen Moll

Christian Wüsters Herz schlägt für seine Heimat. Als gebürtiger Lüttringhauser kennt der 32-Jährige das Platt von Kindesbeinen an. Als Sprachkompetenz im Lebenslauf könnte er "fließend Platt" angeben. Beigebracht hat es ihm sein Großvater väterlicherseits. Als Vorsitzender der Lüttringhauser Volksbühne und Autor der Stücke pflegt er seine Platt-Kenntnisse bei Proben und Aufführungen.

 Hoch her geht es zuweilen in den Stücken, die die Lüttringhauser Volksbühne auf der Freilichtbühne in Lüttringhausen aufführt.

Hoch her geht es zuweilen in den Stücken, die die Lüttringhauser Volksbühne auf der Freilichtbühne in Lüttringhausen aufführt.

Foto: Lüttringhauser Volksbühne (Archiv)

"Das ist ein Stück Heimat", sagt Wüster. Über die Sprache identifiziere man sich mit dem Ort, in dem man lebt. Als Kinder- und Jugendwart der Volksbühne hat er die Erfahrung gemacht, dass die Sprache auch integrationsfördernd sein kann. Im vergangenen Jahr haben zum Beispiel zwei türkischstämmige Mädchen sowie ein russland-deutscher Junge bei den Aufführungen mitgewirkt. Was sie alle vereint hat: der Spaß an der Schauspielerei und am Plattkallen.

"Ich bin sehr positiv überrascht, dass sich Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen nicht erst die Wörter einprägen müssen", erzählt der Vorsitzende. Motivieren müsse er den Nachwuchs nicht. Die Motivation komme von ganz allein und zeigt: Die Mundart kommt nicht ganz aus der Mode. "Man darf da nicht so verkopft und verkrampft rangehen", betont Wüster. Die Jungdarsteller dürfen aktiv am Text mitwirken. Die Pointen sind zeitgemäß.

Das gilt für den gesamten Text der Mundartstücke. Wüster schreibt modern. "So wie der Durchschnittsdeutsche spricht", sagt er mit einem Lachen. Allerdings formuliert er auf Hochdeutsch. Die Übersetzung übernimmt Bernhard Hütt von der Abteilung Mundart. "Da greife ich gerne auf seine Expertise zurück", gesteht Wüster. Würde er selbst op Platt übersetzen, dann wohl in Lautschrift.

Zum vierten Mal wird in diesem Jahr ein aktuelles Stück aus seiner Feder einstudiert. Zum 60. Bestehen der Lüttringhauser Volksbühne 2014 schrieb er den ersten Schwank. Davor musste das ambitionierte Laienensemble immer auf Texte aus den 20er und 30er Jahren zurückgreifen, die nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprachen und in Dauerschleife wiederholt werden mussten. Wüsters frische Geschichten mit Lokalkolorit locken auch wieder viel mehr Gäste zu den Heimatspielen.

Übrigens: Seit er vor etwa zehn Jahren das erste Mal mit Anfang 20 auf der Freilichtbühne am Ludwig-Steil-Platz stand, hat sich seine Platt-Kompetenz gesteigert. "Es ist fließender geworden. So, als hätte ich an einem Schüleraustausch teilgenommen", erklärt der Autor. Sein Lieblingswort auf Platt: Krüönselstrüöckelchen - Stachelbeerstrauch. "Das hat so wunderbar viele Vokale. Damit kann man Hergeluopene so schön ärgern", sagt der Plattkaller spitzbübisch.

Auch während der Proben wird Platt gekallt. Viele Wörter fließen so in Wüsters Alltag ein: "Nach den Aufführungen muss ich manchmal überlegen, wie heißt das noch mal auf Hochdeutsch?" Die Heimatspiele sind für ihn ein Stück Kulturpflege. Bei der Premiere des neuen Stücks "Zoppen-düster förr de Burger Brezeln" am 10. Juni werden zwei Verwandte von Wüster aus Amerika dabei sein. Inspiriert wurde er zum Plot bei seinem Aufenthalt in Colorado. "Ich bin gespannt, ob sie was verstehen werden." Lachen können sie sicherlich über eine Figur: ein amerikanischer Geschäftsmann.

(RP)
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