Solingen Raumnot bei Affe, Luchs und Nasenbär

Solingen · Immer wieder wird die Fauna wegen der Gehege von Affen oder Luchs angegriffen - häufig in der Anonymität des Internets.

 Javaneraffe Hannes ist inzwischen 27 Jahre alt und nicht mehr an andere Zoos zu vermitteln. Sein Hobby: Menschen beobachten.

Javaneraffe Hannes ist inzwischen 27 Jahre alt und nicht mehr an andere Zoos zu vermitteln. Sein Hobby: Menschen beobachten.

Foto: Stephan Köhlen

Hannes lässt sich nicht irritieren. Nicht von dem Mann mit der Kamera, nicht von dem Paar auf der Bank. Stattdessen zeigt er, was er kann, lässt sich kopfüber baumeln - und verschwindet just in dem Moment im Innenraum des Geheges, als der Mann seine Kamera endlich im Anschlag hat.

 Christina Farke, die Leiterin des Tierparks, wünscht sich, dass Kritiker sie offen ansprechen und nicht im Internet anonym beschimpfen.

Christina Farke, die Leiterin des Tierparks, wünscht sich, dass Kritiker sie offen ansprechen und nicht im Internet anonym beschimpfen.

Foto: Stephan Köhlen

Hannes ist ein Affen-Senior. Mit 27 Jahren hat er die Lebenserwartung eines Javaner-Affens bereits um Jahre übertroffen. Er ist der Vater von Indra, 15, und wie seine Tochter im Tierpark Fauna geboren. Hannes verbringt, wie Troll, der Luchs, oder die Nasenbärfamilie, seinen Lebensabend in der Gräfrather Anlage. Ihre Gehege sind dabei immer wieder Anlass für Diskussionen: Zu klein, zu kahl, zu wenig Beschäftigung heißt es dann - im besten Fall im persönlichen Gespräch zwischen Tierpfleger und Tierparkbesucher, im schlechtesten Fall im Internet, wo aus Gerüchten schnell eine virtuelle Lawine wird.

Dabei weiß Christina Farke, Leiterin des Tierparks, als Zootierpflegerin und Biologin selbst sehr genau, dass die Haltung nicht optimal ist. "Heute würden wir diese Tiere nicht mehr anschaffen. Aber das wissen die Besucher natürlich nicht. Die Ansprüche an die Haltung haben sich komplett gewandelt." Sie wünscht sich allerdings keine anonymen Attacken im Internet: "Wir stehen gerne für ein Gespräch bereit."

Vor Jahrzehnten sahen die Vorstellungen anders aus: 15 Quadratmeter Innen- und 30 Quadratmeter Außenanlage hat das Affenhaus. Die angebrachten Podeste, Seile und Äste oder neues Spielzeug interessieren Hannes und Indra nicht. Ihr Lieblingsspiel: Menschen beobachten.

Christina Farke wäre es am liebsten, wenn Hannes und Indra ein neues Zuhause finden. Aber das ist ein völlig aussichtsloses Unterfangen: "Ich habe bei allen Zoos in Deutschland und den EU-Ländern nachgefragt, die Javaner-Affen halten. Es war überall das gleiche: Ein einzelnes Weibchen würden sie nehmen, die beiden zusammen nicht, weil man ein ausgewachsenes Männchen kaum integrieren kann." Ähnliches gilt für die Nasenbären: Mit 11, 13 und 15 Jahren gehören auch sie zu den Senioren. "Keiner möchte alte Nasenbären", so Farke.

Auch Luchs Troll weckt immer wieder das Mitleid der Besucher. "Die Lebenserwartung liegt bei 15 bis 20 Jahren, mit 18 ist er ein altes Tier." Er sei alleine, seit sein Vater mit 29 Jahren gestorben sei, könne wegen Arthrose oft nicht mehr klettern und nutze sein Gehege nicht mehr aus. "Von der Größe ist die Anlage ausreichend, ich dürfte ihn rein theoretisch laut Haltungsanforderungen auf einem Drittel des Platzes halten. Er genießt seine Ruhe."

Mit ihren Tier-Senioren befindet sich Christina Farke in einer Bredouille: Sie hat keine Chance, sie abzugeben, kann aber auch nicht neu bauen. "Abgesehen davon, dass wir die finanziellen Mittel nicht hätten, fehlt uns auch der Platz. Und im Landschaftsschutzgebiet ist jedes Bauen mit viel Aufwand verbunden.

So hat die Fauna in den vergangenen Jahren viel getan, um die Gehege tiergerechter zu gestalten, hat die Anlagen von Lamas, Eseln, Ziegen und Kängurus modernisiert sowie alle Terrarien und Vogelvolieren umgestaltet. Als nächstes folgt das Eulen-Gehege.

Für ihre Tier-Senioren können Farke und ihr Team nur eins tun: ihnen den Lebensabend so gut wie möglich gestalten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort