Solingen Rundgang mit Blickwinkel eines Einbrechers

Solingen · Mit ihrer Aktionswoche "Riegel vor!" will die Polizei die Wachsamkeit der Bürger gegenüber Einbrechern erhöhen. Gestern gingen die Beamten von Haus zu Haus, um deren Bewohner auf Schwachstellen hinzuweisen.

Kritisch mustert Kriminalhauptkommissar Axel Wiehager die hohe Hecke, die den Blick vom schmalen Fußgängerweg auf die Reihenhäuser versperrt. "Es ist zwar schön, wenn die Nachbarn einem nicht auf den Teller gucken können, aber ein Einbrecher fühlt sich so unbeobachtet an der Stelle auch wohl", gibt er im Gespräch mit einer Hausbewohnerin zu denken. Auch der fachmännische Blick auf die Terrassentür lässt Wiehager die Stirn runzeln. "Ich bin ja nur Mieterin und weiß nicht, ob der Vermieter für die Nachrüstung auch zahlt", wendet die Frau ein.

Aufklärende Gespräche mit Bürgern und die Suche nach möglichen Risikofaktoren für Wohnungseinbrüche stehen im Mittelpunkt der zurzeit laufenden landesweiten Aktionswoche "Riegel vor!" Die Polizeibeamten halten dabei auf ihren Rundgängen - darunter an acht verschiedenen Orten innerhalb Solingens - Ausschau nach auffällig heruntergelassenen Rollläden am Nachmittag, unerwünschten Steighilfen wie an der Mauer stehende Mülltonnen oder offene Garagen. "Wir versuchen, die Umgebung aus dem Blickwinkel eines Einbrechers zu sehen", sagt Wiehager, der für Kriminalprävention und Opferschutz zuständig ist.

Ein mutmaßlich verwaistes Haus erregt die Aufmerksamkeit der Beamten. "Hier steht ein Fenster auf Kipp", macht Polizeikommissarin Nina Schmiemann ihre Kollegen aufmerksam. Weil zudem kein Auto in der Einfahrt steht und auch das Licht in der Wohnung am trüben Nachmittag nicht eingeschaltet ist, klingelt Wiehager in Begleitung von Polizeikommissar Sebastian Horn an der Tür. Prompt schlägt ein Hund an. "Das ist schon mal ganz gut", sagt Wiehager. Wenig später steht dann doch der Hausherr in der Tür und erzählt, bei ihm sei im Geschäft eingebrochen worden. "Auch in der Wohnung haben sie es schon versucht, aber zum Glück nicht geschafft", erklärt der Mann und deutet auf die Spuren, die Einbrecher an seiner Haustür hinterließen. "Das Fenster habe ich nur in Kippstellung, wenn ich zuhause bin", versichert er.

Pünktlich zum Beginn der klassischen Hochsaison von Wohnungseinbrüchen, wenn es bereits am Nachmittag dunkel ist, die Nachbarn nicht mehr im Garten sitzen und Langfinger bald sogar die ersten wertvollen Weihnachtsgeschenke in den Wohnungen wittern, versucht die Polizei, auch mit Handzetteln für die Briefkästen, die Bürger für das Problem zu sensibilisieren - zumal sie speziell in Solingen alarmierende Zahlen zu vermelden hat: In der Klingenstadt gab es zuletzt 48 Prozent mehr Wohnungseinbrüche als zum vergleichbaren Zeitpunkt im Jahr 2014. Selbst der typische Rückgang von Einbrüchen im Sommer habe diesmal nicht stattgefunden, erklärt Wiehager. Mit nur acht Prozent ist die Aufklärungsquote zudem die geringste im Bergischen Land. Umso wichtiger ist die Aufmerksamkeit der Bürger. "Man sollte lieber einmal zu viel als einmal zu wenig die 110 anrufen", mahnt Wiehager. Immerhin: Unaufmerksam waren die Bewohner der Aufderhöher Siedlung, die der Kriminalhauptkommissar mit Kollegen der Einsatzhundertschaft durchstreifte, nicht: "Können Sie mir verraten, was Sie hier machen?" will eine misstrauische Anwohnerin von den fremden Besuchern wissen.

(RP)
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