Prozess in Solingen Salafist bedauert Kontrollverlust bei Demo

Solingen · Wen genau der Stein traf, den der heute 32-Jährige vor rund zweieinhalb Jahren als Teilnehmer der Salafisten-Demo vor dem Rathaus in Richtung demonstrierender Mitglieder von Pro NRW warf, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Dass er einen Stein geworfen hat, räumte der Mann hingegen vor dem Amtsgericht umfassend ein.

Wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall und versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilte ihn der Vorsitzende Richter gestern zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, und 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

In seiner Moschee in Hamburg sei damals, im Frühjahr 2012, viel über die Ankündigung von Pro NRW, am 1. Mai in Solingen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen zu zeigen, gesprochen worden. "Diese Ankündigung war eine Provokation. Ich wollte anwesend sein, zeigen, dass ich das nicht möchte", sagte der Student. Deshalb sei er, selbst gläubiger Muslim, am 1. Mai nach Solingen gekommen. "Ich gebe zu, einen Stein in Richtung Pro NRW geworfen zu haben. Das war unüberlegt und falsch. Ich habe mich von der Empörung und Stimmung um mich herum mitreißen lassen", hieß es in einer schriftlichen Erklärung, die der Vater zweier Kinder von seinem Anwalt verlesen ließ.

Er sei nicht mit der Absicht nach Solingen gekommen, bei dieser Gegendemonstration Gewalt auszuüben. "Dass ich den Stein geworfen habe, ergab sich aus der Situation. Die Stimmung heizte sich auf, auch meine. Aber ich war weder an einer Verabredung beteiligt, Steine zu werfen, noch wusste ich davon." Diesen Verlust seiner Selbstkontrolle bedauere er sehr, sein Verhalten tue ihm aufrichtig leid, sagte der Hamburger. Er habe niemanden verletzen wollen und mit seinem Stein nach eigener Auskunft einen Demonstranten aus den eigenen Reihen getroffen, der die Polizeisperre durchbrochen hatte. Nach dem Steinwurf habe er nicht versucht, weiter in Richtung Pro NRW-Demonstration zu gelangen, erklärte der Hamburger. Ein Video der Ereignisse, das im Gericht gezeigt wurde, untermauert dies.

"Ich glaube ihm, dass er darüber nachgedacht hat", erklärte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsverkündung, "er hat sich glaubhaft davon distanziert. Sein umfangreiches Geständnis hat sich in jedem Falle strafmildernd ausgewirkt."

(RP)
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