Solingen Schülerin kämpft um Recht auf Bildung

Solingen · Weil sie erkrankte, konnte eine 17-Jährige zwei Jahre so gut wie nie zur Schule gehen. Ein Antrag auf zweite Wiederholung der 10. Klasse wurde abgelehnt. Die Bezirksregierung prüft den Fall nun noch einmal. Auch die Schule will helfen.

Die zurückliegenden zwei Jahre kamen für die junge Solingerin einer regelrechten Odyssee der Gefühle gleich. Denn im Jahr 2015 traten bei der heute 17-Jährigen erstmals die Symptome der chronischen Krankheit Morbus Crohn auf, so dass lange Zeit nicht mehr an einen regelmäßigen Schulbesuch zu denken war.

Klinik- und Kuraufenthalte wechselten einander ab - mit fatalen Folgen für die Jugendliche. Denn da sie wegen der Erkrankung dem Unterricht kaum noch folgen konnte, schaffte die Schülerin einer weiterführenden Schule in der Klingenstadt in den Schuljahren 2015/16 und 2016/17 zweimal nicht das Klassenziel der Jahrgangsstufe 10. Und das sollte nach dem Willen der Bezirksregierung Düsseldorf zunächst einmal auch so bleiben. Denn die Behörde lehnte zuletzt den Antrag der Eltern der Schülerin ab, einen dritten Anlauf in Klasse 10 nehmen zu dürfen.

Eine Sprecherin der Bezirksregierung bestätigte dies gestern. Der Antrag der Eltern sei am 14. Juli negativ beschieden worden, hieß es aus Düsseldorf, wo darauf verwiesen wurde, "ein ärztliches Gutachten einer Gesundheitsbehörde, das eine zweite Wiederholung rechtfertigen würde", habe "zum Zeitpunkt der Ablehnung des Antrages nicht vorgelegen".

Inzwischen sei ein Widerspruch der Familie gegen die Entscheidung eingegangen, sagte die Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion. Das Verfahren laufe zurzeit. Und sollte der Behörde ein medizinisches Gutachten nun doch noch zur Kenntnis kommen, werde es "selbstverständlich" in die Prüfung miteingezogen werde, hieß es weiter aus der Bezirksregierung.

Im Klartext: Würde ein Mediziner den Rat geben, die Schülerin solle die 10. Klasse wiederholen, stünden die Chancen hierfür nicht schlecht. Was wiederum eine gute Nachricht für die 17-Jährige ist. Denn in Wirklichkeit existiert eine ärztliche Stellungnahme des Solinger Stadtdienstes Gesundheit schon länger. So ist die Jugendliche bereits am 16. Juni von einer Amtsärztin untersucht worden.

In dem Papier, das unserer Redaktion vorliegt, wird dezidiert empfohlen, der 17-Jährigen solle eine "erneute Wiederholung der 10. Klasse" ermöglicht werden. Und zudem spricht sich der Stadtdienst Gesundheit dafür aus, die Möglichkeit eines sonderpädagogischen Förderbedarfs zu prüfen. Ein solcher könnte nämlich nach Einschätzung der Amtsärztin nötig sein, da bei der Schülerin durch die körperliche Erkrankung auch eine "seelische Belastung" nicht auszuschließen sei - was ferner Schulwechsel angeraten erscheinen lasse.

Tatsächlich leidet die 17-Jährige zunehmend unter der Situation und will die Schule wechseln. "Es ist sehr belastend", sagt die Jugendliche, die plant, nach den Sommerferien ab September eine Schule in Köln zu besuchen, die sich auf Kinder mit körperlichen Erkrankungen spezialisiert hat.

Dort möchte die Solingerin den Abschluss der 10. Klasse nachholen, um später das Abitur zu machen. Ein Ziel, das Freunde des Mädchens durchaus für erreichbar halten. "Sie war bis zu der Erkrankung immer eine gute Schülerin", heißt es aus dem Umfeld der 17-Jährigen. Einen Eindruck, den offenbar auch die Amtsärztin von der jungen Solingerin hat. Denn in ihrer Stellungnahme schreibt die Medizinerin, die Jugendliche habe sich bei ihrem Besuch im Stadtdienst Gesundheit "kooperativ und offen" gezeigt. Auf jeden Fall sei die Schülerin "gut motiviert, zu lernen".

Und auch die Solinger Schule des Mädchens will der 17-Jährigen helfen. In den noch verbleibenden Wochen bis zum Schulbeginn werde man sich dafür einsetzen, dass die Schülerin fortan die von ihr bevorzugte Schule in Köln besuchen könne, betonte der Schulleiter am Mittwoch.

(or)
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