Solingen Schwerbehinderte bleiben oft arbeitslos

Solingen · Bei der Firma Genesis hat jeder vierte Mitarbeiter eine Behinderung - wie Antonio Samale. Die Agentur für Arbeit setzt sich dafür ein, dass auch andere Unternehmen sich trauen, Menschen mit Handicap einzustellen.

Antonio Samale ist für die Firma Genesis die Erfolgsgeschichte in Person. Der 39-Jährige hatte zehn Jahre lang in einem Metallbetrieb gearbeitet. Als die Firma insolvent schließen musste, meldete sich Samale arbeitslos und wurde krank. Bei einer Untersuchung stellten Ärzte fest, dass der Solinger eine Behinderung von 40 Prozent hat.

Das bedeutete für Samale aber nicht, dass er nicht mehr arbeiten kann. Die Agentur für Arbeit vermittelte ihn an Genesis - zunächst für ein Praktikum. Seit September ist er fest angestellt und arbeitet in der Zentralküche des Inklusionsbetriebs. Von den fast 200 Mitarbeitern haben mehr als 50 eine Behinderung. Ihr Einsatzgebiet ist hauptsächlich die Zentralküche, in der die Mitarbeiter täglich 6000 Mahlzeiten für Krankenhäuser und Altenheime zubereiten. Aber auch eine Gruppe von Garten- und Landschaftsbauern ist bei Genesis beschäftigt.

Antonio Samale ist damit einer von etwa 1500 Schwerbehinderten in Solingen, die einen festen Job haben, sagt Martin Klebe, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal. Die meisten arbeiten demnach im verarbeitenden Gewerbe, im öffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen. Doch etwa 400 Schwerbehinderte in der Klingenstadt sind arbeitslos. Für sie sei es besonders schwer, eine Arbeit zu finden - auch wenn sie häufig besser qualifiziert seien als andere Arbeitslose.

"Die Vorurteile in den Betrieben sind meist, dass Menschen mit Behinderung weniger leistungsfähig sind, häufiger krank werden und man sie nicht kündigen kann", sagt Klebe. Viele würden bei dem Wort Schwerbehinderung an Rollstuhlfahrer oder Gehörlose denken. "Aber es gibt etwa 80 verschiedene Formen der Schwerbehinderung. Dazu gehören auch Diabetiker oder Menschen mit Rückenleiden", sagt Klebe. Und nur ein kleiner Teil dieser Behinderungen sei angeboren. "80 Prozent sind auf Krankheiten zurückzuführen."

Wenn die Betriebe erst einmal einen Behinderten eingestellt hätten, würden die Hemmungen schnell verschwinden, sagt Klebe. Bei vielen Unternehmen funktioniere das mit einer Probebeschäftigung. Arbeitgeber, die Menschen mit Behinderung einstellen möchten, können das testen. Die angehenden Mitarbeiter sind meist für drei Monate in dem Betrieb beschäftigt - ohne Verpflichtung für beide Seiten. Das Gehalt übernimmt die Agentur für Arbeit. In drei von vier Fällen führt die Probebeschäftigung zum Erfolg, sagt Klebe.

Bei Genesis gehört die Anstellung von Menschen mit Behinderung zum Geschäftsmodell. Das Unternehmen wurde 2006 von dem Verein Lebenshilfe und der St. Lukas Klinik gegründet. Das Unternehmen in Ohligs arbeitet also nicht wie eine Behindertenwerkstatt, sondern agiert auf dem ersten Arbeitsmarkt. Doch die Mitarbeiter mit Behinderung bekommen eine sonderpädagogische Begleitung. Das heißt, die Inklusionsbeauftragte Birgit Wollinger betreut die angehenden Mitarbeiter mit Behinderung während eines ersten Praktikums. So findet sie heraus, was die zukünftigen Angestellten können und welche Hilfe sie brauchen.

Antonio Samale hat zum Beispiel in der Spülküche angefangen. Jetzt arbeitet er vor allem am Band, wo er die Menüs zusammenstellt, die später an die Krankenhäuser verschickt werden. "Das ist eine komplexere Arbeit als das Spülen", sagt Birgit Wollinger. "Es ist also möglich, sich auch innerhalb der Zentralküche zu entwickeln."

(veke)
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