Solingen Selbstbestimmt leben in der eigenen Wohnung

Solingen · Seit zehn Jahren unterstützt der LVR Menschen mit geistiger Behinderung beim Leben in den eigenen vier Wänden.

 Dominik Breuer, Detlef Zier, Katja Breuer-Bellen mit Hund Sid und Sabine Lidolt (von links) in der LVR-Wohngruppe.

Dominik Breuer, Detlef Zier, Katja Breuer-Bellen mit Hund Sid und Sabine Lidolt (von links) in der LVR-Wohngruppe.

Foto: mak

Es ist ein ganz normaler Alltag, den Katja Breuer-Bellen und ihr Ehemann Dominik Breuer leben: Arbeiten, Spaziergänge mit dem Hund, Einkäufe, Hausarbeit, Freunde treffen. Ein ganz normaler Alltag, der dennoch besonders ist: Katja Breuer-Bellen hat fast ihr ganzes Leben in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe gelebt. 2008 gelang ihr der Umzug in eine eigene Wohnung, seit 2014 lebt sie mit Ehemann Dominik auf 65 Quadratmetern. Betreut wird das Ehepaar vom Team des ambulant betreuten Wohnens im Rahmen der Heilpädagogischen Hilfen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR-HPH-Netz), der in der Klingenstadt seit genau zehn Jahren Erwachsene mit geistiger Behinderung beim selbstbestimmten Wohnen in den eigenen vier Wänden unterstützt. Am 8. August wird das Jubiläum gefeiert.

Für die 40-jährige Katja Breuer-Bellen bedeutet das Leben in den eigenen vier Wänden vor allem eins: Freiheit. "In den Wohngruppen war man immer mit mehreren Leuten zusammen. Man musste auch immer pünktlich da sein. Alleinewohnen ist tausend mal besser, es macht einfach Spaß." Im Wohnheim, sagt ihr 32-jähriger Mann, mit dem sie seit Februar verheiratet ist, hätte man viele Planungen gar nicht machen können, angefangen bei der Einrichtung, bei der man sich habe abstimmen müssen. Ihre Wohnung haben die beiden selbst eingerichtet, waren im Möbelhaus, haben ausgesucht, was ihnen gefällt. Es hat sich in den vergangenen Jahren viel getan im Leben des Paares, das sich 2007 kennengelernt hat: Am Anfang wurde es acht Stunden pro Woche von Assistentin Sabine Lidolt unterstützt, erhielt Hilfe im Haushalt, bei Groß-Einkäufen, Arztbesuchen oder dem regelmäßigen Besuchs-Kontakt mit dem heute 13-jährigen Sohn von Katja Breuer-Bellen, der in einer Pflegefamilie lebt. Heute sind es nur noch 3,2 Stunden, und einen Großteil ihres Alltags stemmen Katja Breuer-Bellen und Dominik Breuer selbst- neben ihren Jobs im Verpackungsbereich und der Gärtnerei der Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Haushalt und Wäsche machen sie alleine, auch Einkäufe sind kein Problem mehr, sie achten darauf mit ihrem Geld auszukommen, planen Anschaffungen sorgfältig, vereinbaren ihre Termine telefonisch, kochen selbst.

"Sie sind sehr selbstständig geworden", sagt Assistentin Sabine Lidolt. Einmal die Woche geht Katja Breuer-Bellen in einen Kurs und lernt Schreiben und Lesen. "Früher habe ich Bilder von Lebensmitteln zum Einkaufen mitgenommen, jetzt brauche ich diese Bilder nicht mehr." Seit kurzem gibt es Zuwachs in ihrer Familie: Vor wenigen Wochen hat das Ehepaar einen Pflegehund aufgenommen und sich damit einen großen Wunsch erfüllt. Die Verantwortung, die damit einher geht, nehmen sie sehr ernst.

"Es ist sehr spannend, zu sehen, wie die Entwicklung ist, wie die Menschen Alltag und Krisen bewältigen", sagt Detlef Zier, Teamleiter im Bereich ambulant betreutes Wohnen. "In Solingen ist hier in den letzten Jahren sehr viel passiert", weiß Anna Elisabeth Pick, Regionalleiterin für die Stadt Solingen im LVR-HPH-Netz

(RP)
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