Solingen So viele arme Menschen wie noch nie

Solingen · Die Zahl der Kunden im Tafelladen hat in den 17 Jahren des Bestehens in dieser Woche mit 230 Familien einen Höchststand erreicht. Neben Asylsuchenden sind es auch viele Solinger Familien, bei denen das Geld nicht reicht.

16 Neuaufnahmen an einem einzigen Tag und dazu der Rekord von 230 Familien, die am Dienstag nach Pfingsten im Tafelladen Lebensmittel bekamen, das sind Rekorde, die die ehrenamtlichen Helfer bei der Solinger Tafel derzeit vor ernste Probleme stellen. "Wir suchen dringend weitere Helfer, sowohl für den Fahrdienst als auch für die Lebensmittelausgabe", sagt Tafel-Vorsitzende Brigitte Funk während sie Joghurt, Pudding und Fleischsalat in die Kühlung im Tafelladen an der Ernst-Woltmann-Straße 4 einräumt. 230 Familien an einem einzigen Nachmittag, das hat es in den 17 Jahren des Bestehens der Tafel noch nicht gegeben. Unter den Hilfesuchenden sind Asylbewerber ebenso wie vermehrt auch Solinger Familien und Rentner, bei denen das Geld vor allem zum Monatsende hinten und vorne nicht reicht.

Für alle, die ihre Bedürftigkeit nachweisen können, hält der Tafelladen ein breites Angebot an Lebensmitteln bereit. Grundnahrungsmittel ebenso wie Kuchen, frisches Obst und Gemüse, abgepackte Wurst, Käse und vieles mehr, was in den Supermärkten und im Lebensmittelhandel so übrig bleibt. Mit zwei Kühlwagen sind die Ehrenamtler der Solinger Tafel vormittags unterwegs, um die Waren einzusammeln, die am Nachmittag im Tafelladen ausgegeben werden.

Auf 52 aktive Helferinnen und Helfer kann Tafel-Vorsitzende Brigitte Funk derzeit zurückgreifen, drei Männer und eine Frau haben sich bereits auf einen Aufruf gemeldet, in dem Ehrenamtler gesucht wurden. "Am besten, man kommt einmal zum Probearbeiten", empfiehlt Brigitte Funk Interessierten. Für den Laden werden bis zu sechs Helfer für die Ausgabe der Lebensmittel benötigt, dazu Kräfte, die Lebensmittel nachräumen und eine Helferin, die für die Buchführung zuständig ist. Die meisten Helfer kommen einmal pro Woche, manche aber auch öfter, vor allem, wenn es um Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen geht. "Unsere Aktiven lassen sich etwas einfallen, eine Helferin, die sich den Arm gebrochen hat, schickte ihren Ex-Ehemann als Vertretung", erzählt die Vorsitzende. Neben den 52 Aktiven hat die Tafel derzeit 85 Mitglieder, außerdem kann manchmal auf Ein-Euro-Kräfte zurückgegriffen werden. Doch derzeit seien leider von vier nur zwei Stellen in diesem Bereich besetzt, sagt Brigitte Funk.

Bei der Tafel registriert sind im Moment rund 1300 Familien. Mit der Spendenbereitschaft kann die Tafel durchaus zufrieden sein, die Geschäfte geben wieder mehr Lebensmittel ab, als zum Beispiel im Jahr 2013, wo so mancher Engpass zu überwinden war, auch wenn an Tagen wie dem Dienstag nach Pfingsten kaum genug Ware da ist, um alle Wünsche zu befriedigen. "Dann müssen wir auf Lebensmittelspendensammlungen zurückgreifen", sagt Brigitte Funk.

Obwohl für sie und die anderen Helferinnen und Helfer das Engagement für die Tafel mit viel Arbeit verbunden ist, gibt es immer wieder Situationen, die ihr vor Augen führen, wie sehr sich der Einsatz lohnt. Zum Beispiel, wenn eine Rentnerin ihre Scham überwunden hat und in den Laden kam oder wenn die alleinerziehende Mutter mit sechs Kindern mit einer Tasche voll Lebensmittel nach Hause gehen kann.

www.solinger-tafel.de

(RP)
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