Gerichtsurteil Hund bekommt nach "Massaker" Korb

Solingen · Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat einen Hundehalter verpflichtet, sein Tier nur noch mit Leine und Maulkorb auszuführen. Die Richter bestätigten eine Verfügung der Stadt. Der Deutsch-Drahthaar soll in einem Stall 17 Kleintiere gerissen haben.

Die Richter des Verwaltungsgerichts Düsseldorf sprachen in der Begründung zu ihrer Entscheidung von einem regelrechten "Kleintiermassaker" — und tatsächlich hatte der Missetäter, der im zurückliegenden August in Landwehr ein Gehege mit Kaninchen sowie Meerschweinchen heimgesucht hatte, sprichwörtlich keine Gefangenen gemacht. Insgesamt 17 Tiere fielen seinerzeit einem Jagdhund zum Opfer, der seine Beißattacke erst beendete, als er von der Besitzerin des Geheges auf frischer Tat ertappt wurde.

Doch damit ist nun wohl Schluss. Denn die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts in der Landeshauptstadt hat am Mittwoch in einem Eilverfahren eine von der Stadt Solingen nach dem Angriff verfügte Leinen- und Maulkorbpflicht für den Wüterich der Rasse Deutsch-Drahthaar bestätigt. Der Halter des Rüden hatte zuvor einen Antrag gegen die städtische Ordnungsverfügung gestellt.

Dabei vermochte der Mann die Düsseldorfer Richter mit seiner Argumentation, der Deutsch-Drahthaar habe keine Schuld am gewaltsamen Tod der Kaninchen sowie Meerschweinchen, indes nicht zu überzeugen. Im Gegenteil: Das Gericht hält es vielmehr für sehr wahrscheinlich, dass der Hund sogar Wiederholungstäter ist und schon früher zugeschlagen sowie andere Tiere getötet hat.

So ereignete sich beispielsweise genau drei Monate vor dem Vorfall in Landwehr nur einen Kilometer entfernt eine ganz ähnliche Attacke. Damals, Anfang Mai, war ebenfalls ein Hund in einen Kaninchenstall eingedrungen, hatte dort ein Tier getötet sowie anschließend mitgenommen. Und zudem besteht gegen den nun zu Leine und Maulkorb verdonnerten Deutsch-Drahthaar zusätzlich der dringende Verdacht, der Vierbeiner könnte auch schon diversen Katzen ans Fell gegangen sein.

Alles Gründe, die dazu führten, dass das Verwaltungsgericht nun die Ordnungsverfügung der Stadt bestätigte. Diese hatte nach dem vorerst letzten Vorkommnis entschieden, der besagte Deutsch-Drahthaar dürfe fortan nur noch abgesichert mit seinem Herrchen Gassi gehen.

Dabei stufen die zuständigen Beamten im Rathaus die zurzeit exakt 9408 in Solingen angemeldeten Hunde nach genau festgelegten Kriterien ein, um auf dieser Basis auch über ein mögliche Gefährlichkeit der Vierbeiner zu befinden.

Zunächst einmal sind alle Hundehalter verpflichtet, ihre Tiere zwecks Erhebung der Hundesteuer anzumelden. Doch das ist nicht alles. Gehört ein Hund einer Rasse an, die es im ausgewachsenen Zustand auf eine Schulterhöhe von mindestens 40 Zentimetern oder auf ein Gewicht von 20 Kilo und mehr bringt, schreibt das Landeshundegesetz weitere Bedingungen zur Haltung der Tiere vor.

Vierbeiner, die wie der Deutsch-Drahthaar unter diese Kategorie fallen, müssen im Falle Solingens nämlich zusätzlich beim Bergischen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt angezeigt werden. Was für sich genommen noch kein Problem darstellt — es sei denn, der Hund wird, wie der Deutsch-Drahthaar, unangenehm auffällig. Denn dann ist der berüchtigte Maulkorb unabdingbar — und das renitente Tier spielt plötzlich in einer Liga mit den sogenannten gefährlichen Hunderassen.

Dazu gehören wiederum Kampfhunde wie etwa der Pitbull-Terrier, wobei längst nicht alle Angehörigen dieser Rassen ein Leben hinter den Gittern eines Maulkorbs sowie am unteren Ende der Leine fristen müssen. "Augenblicklich gibt es davon in Solingen 33 Tiere", sagte eine Sprecherin der Stadt, die betonte, bei einer entsprechenden Charakterprüfung könnten die Hunde vom absoluten Leinenzwang sowie vom lästigen Beißschutz befreit werden. Solche Tiere heißen im Amtsdeutsch "konvertierte Hunde", von denen in der Klingenstadt zurzeit 45 Exemplare unterwegs sind.

Ob aber der in Landwehr auffällig gewordene Deutsch-Kurzhaar die "illustre" Riege der gefährlichen Vierbeiner nach bestandenem Charaktertest schnell wieder verlassen kann, bleibt abzuwarten. Denn immerhin handelt es sich bei dem Rüden um einen Jagdhund, der bei den Angriffen auf die Kleintiere seinem Instinkt folgte.
Tatsächlich hatte der Besitzer des Hundes direkt nach dem "Massaker" in dem Kaninchenstall gegenüber der Polizei selbst angegeben, sein Tier sei ein "ausgezeichneter Jagdhund" und den in Rede stehenden Angriff auf die zehn Meerschweinchen und sieben Kaninchen eingeräumt. Erst später leugnete der Halter dann die Täterschaft seines Vierbeiners.

Das Gericht wollte gleichwohl kein Risiko eingehen und erließ die Eilentscheidung. Selbst wenn sich im Hauptverfahren zeigen sollte, dass der Deutsch-Drahthaar unschuldig sei, seien Hund und Herr zunächst Leine sowie Maulkorb zuzumuten. Denn dies sei in jedem Fall besser, als wenn es zu neuen Übergriffen käme, so die Richter.

(or)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort