Solingen Solingen lässt Altkleider-Geschäft liegen

Solingen · Nach einer Gesetzesänderung haben Kommunen Altkleidersammlungen als lukratives Geschäft entdeckt. Im Solinger Rathaus winkt die Verwaltung ab. Sie will die nicht unerheblichen Einnahmen karitativen Organisationen überlassen.

 Altkleidersammlungen bringen Geld für Hilfsorganisationen.

Altkleidersammlungen bringen Geld für Hilfsorganisationen.

Foto: kdi (Archiv)

Remscheid tut es, Wermelskirchen tut es, Krefeld, Kleve, Duisburg und Moers tun es ebenso. Das Sammeln von Altkleidern hat sich längst zu einem lukrativen Geschäft für die Kommunen entwickelt, und die sind gerade in Zeiten leerer Kassen für jede Zusatzeinnahme dankbar. Waren bisher Altkleidersammlungen fest in den Händen kommerzieller Händlern und karitativer Organisationen, so hat sich die Rechtslage ab dem Sommer verändert: Das neue Abfallwirtschaftskreislaufgesetz erlaubt nun den Kommunen eigene Altkleidersammlungen.

Zudem müssen gewerbliche Sammler ihre Sammlungen anzeigen. Die Folge: Bei den Kreisen häufen sich Anträge, die Kommunen können regulierend eingreifen und die Spreu vom Weizen trennen. Private Sammler fürchten nun, aus dem Markt gedrängt zu werden.

80 solcher Anträge gab es seit der Novellierung des Gesetzes im Juni in Solingen, berichtet Stadtsprecherin Birgit Wenning, 40 Anträge bezogen sich auf Altkleidercontainer. Wenning zufolge gibt es derzeit Altkleidercontainer an 125 Stellen in der Stadt, meist dort, wo auch Glascontainer stehen. "Wir werden nicht selbst in das Geschäft mit Altkleidern einsteigen und es weiterhin karitativen Organisationen überlassen", sagt die Stadtsprecherin. So sollten Standortanfragen für Hilfsorganisationen wie Rotes Kreuz, Johanniter oder Malteser weiter genehmigt werden, "für private eher nicht", sagt Wenning.

Während Solingen das Altkleidergeschäft liegenlässt, springen andere Städte und Kommunen auf. Die hoch verschuldete Stadt Duisburg hat das schon Anfang 2011 getan und die Rechte für rund 100 Altkleidercontainer an ein Tochterunternehmen ihres stadteigenen Müllbetriebs vergeben. Geschätzte Einnahmen pro Monat: Damals bereits rund 12 000 Euro.

Doch die Alttextilpreise steigen. Für jede Tonne Alttextilien bekommt die Stadt Jena 400 Euro. 150 Container will die Stadt, die mit rund 105 000 Einwohnern noch deutlich kleiner ist als Solingen (160 000 Einwohner), bis März aufstellen und rechnet mit Einnahmen in Höhe eines "sechsstelligen Betrags".

Wie wichtig die Einnahmen aus Altkleidersammlungen für die Hilfsorganisationen auf lokaler Ebene tatsächlich sind, ist schwer abzuschätzen. Beim Roten Kreuz in Solingen war niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Therese Raatz, Pressesprecherin der Bundesgeschäftsstelle der Johanniter in Berlin, schätzt diese Einnahmen aus Altkleiderverkäufen als "marginal" ein. "Das Geschäft mit Altkleidersammlungen macht deutlich weniger als ein Prozent unserer Gesamteinnahmen aus", sagt die Pressesprecherin. Und: Die Altkleidersammlungen in Containern unternehmen die Johanniter nicht selbst. "Wir arbeiten mit privaten Partnern zusammen", sagt Raatz. In Solingen werde derzeit nicht gesammelt, sagt Marco Schauff, Pressesprecher der Johanniter in NRW.

Beim DRK, das anders als die Johanniter eigene Kleiderkammern betreibt, schätzt Pressereferentin Stephanie Krone die Bedeutung von Altkleiderspenden deutlich höher ein: "Einerseits erhalten wir dadurch genug gut erhaltene Kleidung, um jährlich 1,2 Millionen benachteiligte Menschen damit über unsere 700 Kleiderkammern und Kleiderläden versorgen zu können", sagt sie. "Andererseits generieren wir durch den Verkauf der Überschüsse freie Mittel für soziale Projekte. Das waren in 2011 rund zwölf Millionen Euro, die wir in ehrenamtliche Projekte beispielsweise im Katastrophenschutz, im Jugendrotkreuz oder in der Altenhilfe investieren konnten. Diese Einnahmen sind eine wichtige Quelle zur Finanzierung unserer Arbeit." Und: "Diese Einnahmen haben nicht wir als Bundesverband, sondern unsere über 500 Kreisverbände und rund 5000 Ortsvereine."

(RP)
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