Solingen Solinger Ärzte für ehrenamtlichen Einsatz geehrt

Solingen · Die Medizinische Hilfe Solingen erhielt den NRW-Gesundheitspreis. Sie kümmert sich um Menschen in prekären Verhältnissen.

Der soziale Abstieg kann jeden treffen - und kommt manchmal schneller als gedacht: Vom Freiberufler, dessen Einnahmesituation sich mangels Aufträgen oder bedingt durch Krankheiten verschlechtert hat bis zum Inhaber eines kleinen Betriebes, der in die Insolvenz gegangen ist - unter jenen 80.000 Menschen, die laut Statistischem Bundesamt in Deutschland im Jahr 2015 nicht krankenversichert waren, sind auch solche mit vermeintlich soliden Lebensläufen. Sie sind eine von drei wesentlichen Gruppen, um die sich 13 Solinger Ärzte und eine Arzthelferin in der "Praxis ohne Grenzen" an der Ahrstraße in Ohligs ehrenamtlich kümmern. Weitere Patienten sind EU-Migranten und Flüchtlinge.

"Bei uns wird aufgefangen, wer durch das Raster fällt", fasst Internist Dr. Christoph Zenses von der Medizinischen Hilfe Solingen zusammen. Ihr wurde gestern eine besondere Ehre zuteil: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) überreichte der Initiative zusammen mit vier anderen Projekten aus dem Bundesland den NRW-Gesundheitspreis. Dessen Schwerpunktthema war in diesem Jahr "Angekommen in Nordrhein-Westfalen: Flüchtlinge im Gesundheitswesen".

Die "Praxis ohne Grenzen" bietet nicht nur eine medizinische und psychotherapeutische Betreuung und Beratung für Menschen in prekären Lebenslagen, sondern finanziert auch wichtige Hilfsmaßnahmen, die die Kommunen nicht tragen. Die reichen von der Zahnprothese über die Brille mit 16 Dioptrien bis hin zur Entbindung im Klinikum, die immerhin auch zwischen 800 und 1200 Euro kostet. Eine junge Frau mit Fluchthintergrund zum Beispiel, die an einer Knochenleitungs-Schwerhörigkeit leidet, trägt inzwischen dank der Unterstützung der Praxis die benötigten Hörgeräte. "Sie kann nun hören, an Sprachkursen teilnehmen und ist integriert", berichtet Zenses.

Die vor dreieinhalb Jahren eröffnete Praxis ist nur ein Stützpfeiler der Medizinischen Hilfe: Schon seit zehn Jahren fährt das MediMobil in Kooperation mit der Solinger Tafel verschiedene Punkte der Stadt gezielt an, um Obdach- und Mittellose medizinisch zu versorgen. 16 Ärzte sind reihum im umgebauten Fahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) unterwegs. Zenses' Ehefrau Birgit kümmert sich zusätzlich um Lebensmittel für die Menschen in schwierigen Lebenslagen.

Stellvertretend für die von vielen Sponsoren und Spendern geförderte Initiative nahm das Ehepaar den Preis mit den Allgemeinärzten Dr. Susanne Kreil und Dr. Christian Knaak, Arzthelferin Anja Kolle-Meyer und Stefan Nippes beim DRK Leiter der operativen Dienste entgegen. 36 Projekte hatten sich beworben, vier machten nach einer Entscheidung der Jury schließlich das Rennen. Dotiert ist der Preis mit 5000 Euro. "Der finanzielle Aspekt freut uns natürlich auch", betont Zenses, hebt aber zugleich hervor: "Im Vordergrund steht für uns die Anerkennung für das Ehrenamt und das Signal an viele Spender, dass wir mit den Einnahmen etwas Vernünftiges auf die Beine stellen."

(ied)
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