Handball Auf Müller hören die HSV-Frauen

Solingen · Die Interimslösung als Trainer hat sich zu einem Volltreffer bei den Drittliga-Handballerinnen entwickelt.

 Alexander Müller (mitte) zeigt eine Auswechslung an - der Wechsel, der sich bei den Gräfratherinnen um Lena Beckers (Nr. 6) und Nikki Schreurs (vorne) aber am meisten bezahlt gemacht hat, ist seiner vom Assistenten zum Trainer.

Alexander Müller (mitte) zeigt eine Auswechslung an - der Wechsel, der sich bei den Gräfratherinnen um Lena Beckers (Nr. 6) und Nikki Schreurs (vorne) aber am meisten bezahlt gemacht hat, ist seiner vom Assistenten zum Trainer.

Foto: Mak (Archiv)

Vor rund zwei Monaten trennte sich der HSV Gräfrath von René Baude. Dem Handball-Trainer war nicht mehr zugetraut worden, die Drittliga-Frauen des Klubs in höhere Gefilde der Tabelle zu führen. So unstet waren die Leistungen gewesen, dass sich die Gräfrather schon früh von dem Gedanken verabschieden mussten, den Aufstieg ernsthaft in Angriff zu nehmen. Für Baude übernahm Assistent Alexander Müller die Verantwortung an der Seitenlinie, eine Interimslösung sollte er sein, hieß es seinerzeit. Inzwischen ist davon keine Rede mehr. Der selbstständige Programmierer hat die Gräfratherinnen stabilisiert, seit drei Spielen sind sie ungeschlagen, mit Rang fünf stehen sie - gemessen am schwachen Saisonstart - gut da.

Die nun konstanteren Leistungen sind indes nicht auf einen Kurswechsel bei Taktik oder Personal zurückzuführen, sondern auf eine professionellere Einstellung bei den Spielerinnen. Unter Baude soll die ein oder andere mal den Besuch bei der Physiotherapeutin dem Training vorgezogen haben, nur weil ihr gerade nicht nach anstrengenden Einheiten der Sinn stand. So deutlich mag Müller das zwar nicht sagen, der 39-Jährige bestätigt aber: "Da ist anfangs etwas der Schlendrian eingekehrt. An die Eigenverantwortlichkeit der Spielerinnen konnte man nicht appellieren." Dass das nun anders ist, hat viel, wenn nicht alles, mit Müller zu tun: "Jetzt gibt es Ansagen und Straftraining. Wenn gewisse Sachen nicht so laufen, wie sie sein müssen, gibt es eben Linienläufe oder andere Strafübungen, bei denen die ganze Mannschaft hart und konsequent arbeiten muss." Das schafft Abhilfe beim Schlendrian. Müller ergänzt zwar: "Eine ganze Einheit musste ich darauf noch nicht verwenden", betont aber auch: "Das ist eine Option, die ich mir offenhalte."

So lange es wie zuletzt läuft, droht den HSV-Frauen kein Ungemach. "Es ist jetzt etwas da, das funktioniert", befindet Müller. "Mannschaft und Alex sind in einer Findungsphase, die langsam abgeschlossen ist." Eines ist aber auch klar: "Ich ziehe meine Linie durch und lasse mich nicht verbiegen - weder von der Mannschaft noch vom Verein. Mir ist vor solchen Aufgaben auch nicht bang."

Mut brauchte Müller schon als aktiver Handballer: Er war Torhüter. "In der Jugend habe ich extrem viele Sportarten gemacht, natürlich auch den Klassiker Fußball", erinnert sich der heutige HSV-Trainer. "Aber vor allem habe ich Basketball gespielt. In der B-Jugend hatten wir aber zu wenig Spieler, und dann sollte die B- in die A-Jugend hochgezogen werden. Da habe ich gesagt: ,Das mache ich nicht' und habe dann das Glück gehabt, dass ich im PSVg Jahn direkt einen Verein gefunden habe, wo ich auf der Torhüter-Position auch Spielanteile bekommen habe. Da hat sich dann meine Profession entwickelt." Über die Stationen Unitas Haan, Bayer Leverkusen, Wald-Merscheider TV und Ohligser TV ging es als Senior zur TSG Solingen, doch da erwischte ihn das Pfeiffersche Drüsenfieber. Nach einem Jahr Pause hängte Müller die Handballschuhe endgültig an den Nagel und wechselte im Alter von 33 Jahren auf die Trainerbank: Als Co-Trainer von Detlev Sieper bei der A-Jugend von Unitas Haan, deren Spieler nach und nach in die dritte Herrenmannschaft integriert werden sollten. "Das war tabellarisch ein mäßiger Erfolg", berichtet Müller, der nicht lange überlegen musste, als vor der vergangenen Saison die Anfrage aus Gräfrath kam, dort Torwartcoch und Assistent zu werden: "Unter Trainer Baude zu arbeiten, der ein bombastisches Training macht, wollte ich unbedingt. Da konnte ich viel von lernen." Nun ist aus dem Lehrling der Chef geworden.

(RP)
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