Handball "Es ist nicht Friede, Freude, Eierkuchen beim HSV"

Solingen · Die beiden Ex-Spielerinnen sprechen über ihr Aus beim Handball-Drittligisten aus Gräfrath.

 Gesprächsbedarf: Kim Spiecker und Madeleine Hoffmann (von links).

Gesprächsbedarf: Kim Spiecker und Madeleine Hoffmann (von links).

Foto: Stephan Köhlen

Sie beide haben mit dem HSV Gräfrath in der Dritten Handball-Liga gespielt, doch zum Jahreswechsel sind Sie ausgeschieden. Wie kam es dazu?

Madeleine Hoffmann Angefangen hat es mit der Kündigung von René (Baude, der Trainer, der im Oktober entlassen wurde, Anm. d. Red.). Diese Entscheidung konnten wir nicht nachvollziehen. Dazu kam, dass mein Stiefvater an einem Schlaganfall erkrankt war, woran er später auch verstorben ist. Die Trainer haben gesagt, ich könne mir alle Zeit der Welt nehmen, man stünde hinter mir. Aber am Dienstag nach dem Dortmund-Spiel Ende November, also drei Wochen später, wurde mir nahegelegt, mir einen neuen Verein zu suchen.

Wieso?

Hoffmann Als Begründung hieß es, dass meine Einstellung und Trainingsbeteiligung nicht stimmen würden. KIM SPIECKER Dass andere gar nicht oder unregelmäßig anwesend waren schien egal. 60 Minuten gingen da immer.

Wie haben Sie sich da gefühlt?

Hoffmann Ehrlich gesagt: beschissen. Natürlich war ich weniger beim Sport, weil ich für meine Familie da sein musste, aber ich bin auch immer wieder zum Training gegangen, einfach, um auch Ablenkung zu haben. Ich hatte das Vertrauen, dass es weitergeht, aber dann kam nach dem Schicksalsschlag dieser Dämpfer. Ich hatte auch meine Abschlussprüfung vor mir, das kam auch noch hinzu. Ich war danach in einem richtigen Tief, hatte gar keine Lust auf irgendetwas, weil mir das so nahegegangen ist, dass man den Tod eines Menschen so vorschieben kann. Der Verein hätte auch einfach mit offenen Karten spielen und eine klare, ehrliche Ansage machen können. Aber so. . . Ich bin eine der Letzten, der man vorwerfen kann, dass die Trainingsbeteiligung nicht stimmen würde. Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch. Sonst würde ich nicht seit 18 Jahren Handball spielen.

Und wie war es bei Ihnen?

Spiecker Nach der Entlassung von René war ich sehr enttäuscht, ich kam immer gut mit ihm zurecht und mochte seine Art des Handballspiels. Zunächst gab es ja auch keine wirkliche Alternative, was selbstverständlich auf die Stimmung in der Mannschaft drückte. Es entwickelten sich Lager: die für oder gegen René und die, denen alles egal ist. Das Training beim Interimscoach war im Vergleich zu René anspruchslos. Trotzdem war ich immer da und habe mich in den Dienst der Mannschaft gestellt. Mein Motto war: Augen zu und durch. Trotzdem habe ich sieben, acht Wochen keine Minute gespielt - ohne Begründung, ohne ein Wort. Bei René zählte ich zu den ersten Sieben. Der neue Trainer hat geschwiegen. Erst zum Jahresende, als es Gespräche mit allen gab, musste er auch mit mir sprechen.

Was gab es da zu hören?

Spiecker Nachdem ich ihn angesprochen hatte, sagte er mir, dass er mir sportlich keinen Vorwurf machen kann, ich aber neben der Mannschaft stehen würde, ich wäre nicht mehr im Team, hätte mich davon entfernt, würde keine Emotionen zeigen. Ich solle daran arbeiten und wieder die "alte Kim" werden.

War es denn so?

Spiecker Ich war still, habe trainiert und meinen Mund gehalten, um keine schlechte Stimmung zu machen, da ich natürlich aufgrund der fehlenden Spielanteile unzufrieden war. Aber der Trainer entscheidet. Ich habe einfach wenig geredet, trainiert und gehofft, dass ich irgendwann meine Chance bekomme. Mir war nicht klar, dass nicht reden automatisch bedeutet, nicht mehr im Team zu sein. . .

Wie ging es weiter?

Spiecker Der Trainer hat gesagt, er würde den Reset-Knopf drücken und noch mal neu anfangen - passiert ist nichts, ich saß weiter auf der Bank. Nicht, dass man mich falsch versteht: Ich habe kein Problem damit, wenn meine Mitspielerin auf der Position ein gutes Spiel macht. Letztlich geht es ums Team. Auf Nachfrage von mir im Januar, wie es nun weitergeht, wurde mir gesagt: Ich würde der Mannschaft schaden! Was genau der Schaden sei, konnte man mir nicht beantworten. Sportlich sei mir weiterhin nichts vorzuwerfen, aber ich sei intern und extern negativ aufgefallen. Wann und wie konnte man mir leider nicht sagen. Wenn ich als vermeintlicher Chef eines Teams der Meinung bin, dass jemand meinem Team schadet, weiß ich doch auch, was genau das Problem ist?!

Also ging es nicht weiter.

Spiecker Ich habe dann vorgeschlagen, dass sie mich freistellen, und der Trainer hat gesagt: "Ich habe gehört, du willst sofort wechseln." Ich habe das verneint und mich der zweiten Mannschaft zur Verfügung gestellt. An der Stelle vielen Dank an die Mädels und Trainer Ulli Beuel für die herzliche Art und den Spaß.

Für Sie war das keine Option?

Hoffmann Ich wurde nicht gefragt und hatte auch kein Interesse, weil mir der Weg dafür aus Krefeld zu weit war. Außerdem: Mir so etwas vorzuwerfen, wie der Trainer das gemacht hat, finde ich persönlich krass. Ich wollte mit dem Verein nichts mehr zu tun haben. Die Begründung konnte aus der Mannschaft auch keiner verstehen - es hat aber auch niemand etwas dagegen gesagt. Ich bin ja freigestellt worden, aber im Dezember bin ich trotzdem fristlos gekündigt worden, ohne Gründe. Es gab auch kein Gespräch. Ich war da null drauf vorbereitet und wusste nicht warum. Aber auch hier wäre aufgrund der fehlenden Kompetenz der "Führungskräfte" ein Erfragen ins Leere gelaufen.

Im letzten Saisonspiel waren gerade einmal acht Spielerinnen und eine Torhüterin dabei. . .

Spiecker Die Stimmung im Team ist auf jeden Fall super. . . Da ist nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Obwohl sich alle so einig waren, dass der Trainer bleiben soll, wurde doch plötzlich von den wenigen Übriggeblieben über die Trainerfrage diskutiert. Aber auch hier gab es eine klare Ansage der Führung: Entweder mit Trainer oder ohne Hauptsponsor.

Können Sie das näher erklären?

Spiecker Beim HSV ist es nicht so, dass der Trainer sagt, wie es läuft, was er für Spieler möchte und was für Strukturen herrschen sollen, sondern es wird vereinzelt in der Mannschaft entschieden, dann geht man direkt zum Hauptsponsor. Dieser zieht alle Fäden, so dass Störfaktoren oder nicht konform laufende Personen entfernt werden. Das ist möglich, weil die "Führungskräfte" keine Kompetenz besitzen und es keine klaren Strukturen gibt.

Aber es gab ja noch Siege. . .

Spiecker Durch die Individualität von einzelnen Spielerinnen wie Kamilla (Caluzynska, Spielmacherin, d. Red.) oder Annika (Ingenpaß, Kreisläuferin, die im März ausschied, d. Red.) - die waren nicht zu stoppen, und das Team hat sich dadurch gefestigt. Nicht, weil das Training eine besondere Note bekommen hat oder der Übungsleiter ein Hexenwerk vollbracht hat. Man hat sich mit gewissen Gegebenheiten abgefunden. Die Mädels haben sich selbst und gegenseitig geführt.

Wie geht es für Sie beide weiter?

Hoffmann Ich spiele seit Ende Februar bei Treudeutsch Lank in der Oberliga - und nächste Saison auch. Spiecker Ich werde mich örtlich und beruflich verändern. Hinzu kommt ein neuer Verein mit einem intakten Team und kompetenten Trainern. Ich freue mich auf das Neue und kann so viel besser mit dem negativen "Alten" abschließen.

GEORG AMEND FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(ame)
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